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Naturtheater Hayingen stellt sein neues Konzept vor

Nach zweijährigem Umstrukturierungsprozess stellt das Naturtheater Hayingen sein Konzept vor.

Noch liegt die Bühne des Naturtheaters Hayingen im Winterschlaf. Für den Sommer hat das Team viele Ideen.  FOTO: NATURTHEATER
Noch liegt die Bühne des Naturtheaters Hayingen im Winterschlaf. Für den Sommer hat das Team viele Ideen. FOTO: NATURTHEATER
Noch liegt die Bühne des Naturtheaters Hayingen im Winterschlaf. Für den Sommer hat das Team viele Ideen. FOTO: NATURTHEATER

HAYINGEN. »Gemeinsam in die Vielfalt wachsen« – unter diesem Titel begann vor gut zwei Jahren der Umgestaltungsprozess am Naturtheater Hayingen, der mit Geldern aus den Programmen Leader und Trafo gefördert wird. In Ideenwerkstätten wurde nach Antworten auf die Grundfrage gesucht: Wie kann das Naturtheater seine Potenziale auch außerhalb der großen Sommerspielproduktion besser nutzen? Niemand hatte zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass nun schon die zweite Sommerproduktion abgesagt werden muss. Pläne für die Zukunft haben die Ehrenamtlichen aus allen Generationen trotzdem geschmiedet und dafür schon etliche Grundsteine gelegt.

Bisher war das Naturtheater ganz in städtischer Hand. Der neu gegründete Kultur- und Theaterverein Hayingen, dessen Vorsitz Peter Edelburg und Eva Schleker übernommen haben, wird die Programmplanung des Theaters und große Teile der Verwaltung übernehmen. So ist es möglich, dass sich viele weitere Interessierte in das kulturelle Leben Hayingens und der Region einbringen können, sei es als aktives Mitglied oder über eine Fördermitgliedschaft.

Vorausschauend wurde immer auch einem städtischen Vertreter ein Platz im Vorstand eingeräumt, sodass das Naturtheater in alle Stadtstrategien fest eingebunden bleibt. Als Befürworter des Umgestaltungsprozesses hat diese Funktion derzeit Bürgermeister Kevin Dorner inne.

In Zukunft werden – abgesehen von der großen Sommerspielproduktion – über diese neue Institution viele, auch inhaltlich neue Formate im Tiefental möglich werden. Der Kultur- und Theaterverein ist nun anstelle der Stadt Hayingen Mitglied im Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg (LABW), damit auch beim Bundesverband Amateurtheater in Berlin (BDAT) sowie beim Verband der Freilichtbühnen (VdF).

Als offizielle Einsatzstelle für den Bundesfreiwilligendienst wird der Verein schon in diesem Jahr zwei Bundesfreiwillige in seine Aktivitäten einbinden und damit die ehrenamtliche Personalsituation weiter stabilisieren.

Inklusive Theatergruppe

Als Schnittstelle zwischen Stadt und Verein, Kultur und Tourismus ist im Rahmen von »Gemeinsam in die Vielfalt wachsen« das Hayinger Kulturbüro entstanden. 2019 als fördermittelfinanzierte 50-Prozent-Stelle eingerichtet, bleibt es als städtische 40-Prozent-Stelle erhalten. Sabrina Rechtsteiner ist nun ganzjährige Koordinatorin und feste Ansprechpartnerin für alle Aktivitäten des Naturtheaters und für alle weiteren kulturellen Aktivitäten rund um Hayingen. Während des Projektes wurde von Johannes Schleker und Silvie Marks die neue Theatergruppe »Spielclub_inklusiv« gegründet. Hier kommen Menschen zwischen 14 und 80 Jahren mit und ohne Behinderung zusammen. Es handelt sich um eine offene, barrierefreie Theatergruppe, die gezielt Menschen aus unterschiedlichen Lebenslagen und Herkünften zusammenbringt.

Die Gruppe ermöglicht dabei gezielt auch Menschen aus den beteiligten Partnereinrichtungen Bruderhaus-Diakonie Buttenhausen und Hilfen nach Maß Mariaberg die Begegnung mit Menschen außerhalb ihres täglichen Umfeldes. Coronabedingt entstand statt der geplanten Premiere eines selbst entwickelten Theaterstücks ein Filmzusammenschnitt aus Videos, der auf der Homepage des Naturtheaters einen Eindruck der Gruppe vermittelt. Ab Herbst 2021 will der Spielclub_inklusiv in städtischen Innenräumen seine Arbeit fortsetzen.

Menschen aus der ganzen Region finden sich seit Beginn des Umgestaltungsprozesses in der Digelfeldschule, im Kostümbereich des Theaterbüros oder im Tiefental selbst für kreative Betätigungen zusammen, teilen ihr Wissen und ihre Fertigkeiten miteinander. Bisher gab es Werkstätten für Nähen, Häkeln, Schnitzen, Korbflechten oder (Bühnen-)Technik und sogar eine Kasperletheater-Werkstatt mit Aufführungen für den Hayinger Kindergarten. Seit Beginn der Corona-Pandemie werden in der Nähwerkstatt auch Mund-Nasen-Masken gefertigt, die gegen Spende erhältlich sind. Die Ausschreibungen zu Angeboten der Werkstätten werden auf der Homepage veröffentlicht. Auch können hierüber mögliche Werkstattleiter ihr Angebot sichtbar machen.

Das Naturtheater möchte sich als Kulturbetrieb weiter nach außen öffnen und auch Kooperationen mit anderen lokalen Akteuren aus unterschiedlichen Bereichen eingehen. Erste Kulturpartnerschaften wurden bereits geknüpft: Mit der Bruderhaus-Diakonie Buttenhausen sowie Hilfen nach Maß Mariaberg im Rahmen des Spielclub_inklusiv, mit der Digelfeldschule im Rahmen der Kreativwerkstätten oder mit dem Leader/Trafo-Projekt »Heimatkarawane – wie klingt das Land heute« des Landesverbandes Amateurtheater Baden-Württemberg, das in Hayingen begann und auch seinen Abschluss auf der Naturtheaterbühne feierte.

Keine große Produktion 2021

Das Fazit der Theaterleute: »Im Umgestaltungsprozess der letzten beiden Jahre wurde das Naturtheater Hayingen also nicht neu erfunden, sondern eher auf neue Schienen gestellt.« Rund 50 ehrenamtliche Akteure hatten sich an den zahlreichen analogen und digitalen Ideenwerkstätten beteiligt. Ihre engagierte Mitarbeit machte den Projektleitern Silvie Marks, Johannes Schleker und Babette Ulmer die Umsetzung sehr leicht.

Derzeit wird fieberhaft geplant, wie die Spielzeit 2021 im Tiefental trotz Pandemie gefüllt werden kann. Der Vorstand des Kultur- und Theatervereins habe schweren Herzens beschlossen, die große Sommerproduktion »Don Quichotte von dr Alb ra« erneut abzusagen. »Die Risiken für die Gesundheit der Mitwirkenden, die immer noch fehlende Sicherheit bei der Planung für Proben und Aufführungen sowie das hohe wirtschaftliche Risiko durch anhaltende Einschränkungen haben den Vorstandsmitgliedern keine andere Wahl und auch keine weitere Zeit mehr gelassen«, teilt der Verein mit.

Wenn möglich, soll es trotzdem eine prall gefüllte Sommersaison 2021 geben. Verschiedenste Veranstaltungen und Aktionen sollen sich an kleinere Zuschauergruppen richten, weniger Risiken beinhalten und flexibler gestaltet werden können. Ein Theaterspaziergang, bei dem an den einzelnen Stationen nur wenige Akteure eine Szene im Wald spielen, gehört ebenso zum Konzept wie eine Doppelbesetzung der Rollen. Bis Präsenzproben möglich und erlaubt sind, werden, so gut es geht, digitale Proben durchgeführt.

Darüber hinaus ist ein Theatercamp für Jugendliche im August in Planung sowie ein MundART.Varieté mit schwäbischen Texten des Naturtheaters und württembergischen Künstlern. Außerdem sollen Freilicht-Kinovorstellungen und in Kooperation mit Stefan Buck Entertainment (SBE) sechs anstatt wie bisher zwei Tiefental-Kultur-Events stattfinden. Sobald es die Infektionslage und die gesetzlichen Verordnungen zulassen, werden die Mitglieder des Vereins zu Arbeitseinsätzen zusammenkommen, um die Bühne aus ihrem langen Winterschlaf zu holen und auf eine besondere Saison 2021 vorzubereiten. (eb)