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Nach der Eiszeit: Menschen kamen 3.000 Jahre früher auf die Alb

Die Fundstätte Langmahdhalde. Foto: Lawrence Msimanga
Die Fundstätte Langmahdhalde.
Foto: Lawrence Msimanga

TÜBINGEN. Nach den unwirtlichen Bedingungen der letzten Eiszeit in Mitteleuropa im Zeitraum vor rund 27.000 bis 19.000 Jahren wurde die Schwäbische Alb im heutigen Süddeutschland rund 3.000 Jahre früher wieder besiedelt als bisher gedacht. Die alte Schätzung besagte, dass moderne Menschen vor rund 16.500 Jahren in die Region zurückgekehrt seien. Neue Daten aus zwei Fundstätten im Lonetal belegen nun, dass Menschen dort bereits vor rund 19.500 Jahren Spuren hinterließen. 

Das ergab eine Studie von Benjamin Schürch, Dr. Gillian Wong und Dr. Elisa Luzi von der Universität Tübingen sowie Professor Nicholas Conard, der zudem dem Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment angehört. Das Forschungsteam nutzte ergänzend Befunde aus der Vogelherdhöhle und der Fundstätte Langmahdhalde, um die Wiederbesiedlung räumlich und zeitlich genauer nachzuvollziehen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Journal of Archaeological Science: Reports veröffentlicht.

Höhle von Tübinger Forscher entdeckt 

Die Vogelherdhöhle wurde zuerst 1931 durch Gustav Riek von der Universität Tübingen ausgegraben. Die Arbeiten mussten innerhalb eines kurzen Zeitraums abgeschlossen werden, sodass die Schichtlagen nicht systematisch erfasst wurden. Spätere Grabungen, auch im Abraum aus der Höhle, führte Nicholas Conard mit seinem Team durch.

»Die Fundstätte ist vor allem durch die figürlichen Kleinkunstwerke aus der Kultur des Aurignacien bekannt, die vor rund 42.000 bis 35.000 Jahren vorherrschte«, berichtet Benjamin Schürch. »Aber es gibt auch Spuren aus dem Magdalénien, einer archäologischen Kulturstufe vor rund 19.000 bis 14.000 Jahren, mit Werkzeugen wie Kratzern und Sticheln aus Stein, aber auch Speerspitzen aus Geweih.« Der Felsüberhang Langmahdhalde liegt nur etwa zwei Kilometer von der Vogelherdhöhle entfernt. Diese Fundstätte wurde von 2016 bis 2024 unter der Leitung von Nicholas Conard ausgegraben und die Schichtenlage akribisch dokumentiert.

Das Forschungsteam unterzog tierische Überreste aus dem Vogelherd, die von Menschen bearbeitet wurden, sowie organisches Material aus der Langmahdhalde, das im direkten Fundzusammenhang mit Steinwerkzeugen des Magdalénien stand, einer Radiokarbondatierung. Bei dieser Methode macht man sich zunutze, dass organisch gebundener Kohlenstoff-14 präzise berechenbar zerfällt. Sein Anteil in organischen Proben gibt daher Auskunft über das Alter der beprobten Artefakte. »Die ältesten dieser Spuren, die Menschen hinterlassen haben, konnten so in der Vogelherdhöhle auf ein Alter von rund 19.500 Jahren datiert werden. In der Langmahdhalde scheinen sich die Menschen nach der Eiszeit zum ersten Mal wieder vor 17.900 bis 17.000 Jahren aufgehalten zu haben«, erklärt Schürch.

Genaue Analyse der Funde

Die Forscherinnen und Forscher haben an beiden Ausgrabungsstätten die kulturellen Hinterlassenschaften im Umfeld der datierten Funde genau analysiert. Dazu nutzten sie aus dem Magdalénien der Vogelherdhöhle zum Beispiel Projektilspitzen aus Geweih und Stein. Durch Analysen der Kleinstfaunenüberreste an der Langmahdhalde konnten sie auch das Klima der Region vor rund 19.000 Jahren rekonstruieren, das die Menschen vorfanden.

»Da die Fundstätten geografisch so dicht zusammenliegen, konnten wir die umfangreicheren Funde aus dem Vogelherd mit der genauer dokumentierten Schichtabfolge in der Langmahdhalde zueinander in Bezug setzen. Nur so konnten wir ein umfassenderes Bild gewinnen«, fasst Gillian Wong die neuen Erkenntnisse zusammen. Vereinzelt hätten moderne Menschen die Schwäbische Alb zwar schon in der ausgehenden Eiszeit wiederbesiedelt, sagt sie. »Dauerhaft ließen sie sich aber erst wieder vor rund 16.500 Jahren in der Region nieder.« (pm)