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Kunst.Land: Eine Idee, die sich herumspricht

Initiatorin Edith Koschwitz zieht eine positive Bilanz des Projekts, das leer stehende Räume belebt

Lukas Sabo startete sein Filmprojekt, während Tänzerinnen der Tanzschule Gitte Wax vor dem Rathaus ihr Können vorführten.  FOTO
Lukas Sabo startete sein Filmprojekt. Foto: Gabriele Böhm
Lukas Sabo startete sein Filmprojekt.
Foto: Gabriele Böhm

MÜNSINGEN. Eine positive Bilanz zieht Initiatorin Edith Koschwitz, nachdem das Projekt »Kunst.Land« in die dritte Woche gestartet ist. Noch bis zum 12. September, insgesamt sieben Wochen, werden die Leerstände in Münsingens Innenstadt von Kunstprojekten zum Anschauen und Mitmachen belebt.

»Die Idee muss sich herumsprechen«, so Edith Koschwitz. Bewusst sei ein langer Zeitraum gewählt worden. »An nur einem Wochenende kann man das Vorhaben, die leer stehenden Geschäfte einer neuen Nutzung zuzuführen, nicht etablieren. So was muss auch in den Alltag hineinreichen.« Die Verlagerung der Geschäfte in große Einkaufszentren in Ortsrandlage und damit einhergehend leere Räume im Ortskern lasse sich in vielen Städten beobachten. »Vielleicht ist das auch die Weiterentwicklung davon, was wir traditionell als Innenstadt verstehen«, überlegt die Initiatorin.

»Man guckt, kommt herein und bringt dann auch Kinder, Freunde und Nachbarn mit«

Für das Projekt gebe es sehr viel Zustimmung. Vielfach werde einfach begrüßt, »dass sich überhaupt etwas tue«. Manchmal gelte es auch, Hemmschwellen zu überwinden. »Man guckt, kommt das nächste Mal herein und bringt dann in einer dritten Stufe auch Kinder, Freunde und Nachbarn mit.« Kulturmanagerin Sandra Linsenmayer hat bemerkt, dass Passanten viel zugänglicher seien, wenn man sie direkt anspreche und mit einem freundlichen »Kommen Sie doch herein« einlade.

Doch jeder brauche Zeit und Muße, um sich auf Kunst einzulassen. »Manchmal höre ich sogar von Kindern, dass sie schnell zum nächsten Termin müssten.« Dabei gebe es viele Angebote zum Mitmachen. »Das ist eine gute Möglichkeit, das eigene Leben zu entschleunigen und positiv zu beeinflussen«, sagt Edith Koschwitz. »Das hilft durchaus auch bei der Schule und der beruflichen Entwicklung.«

Viel Publikum gab es bis jetzt bei den Sonderveranstaltungen wie Konzerten oder auch der »Getanzten Stadtführung«, die am Sonntag stattfand. Elevinnen der Tanzschule Gitte Wax und auch die Lehrerin selbst tanzten an acht Stationen der Stadtführung von Sandra Linsenmayer. Vor dem Rathaus, einem Ort, an dem es konzentriert zugeht, gab es eine entsprechend ruhige Choreografie. Vor der begrenzenden Stadtmauer tanzte Gitte Wax zu »Die Gedanken sind frei«.

»Menschen freuen sich, dass Kunst vor Ort stattfindet und sie nicht weit fahren müssen«

Schon zum zweiten Mal waren Ludwig (6) und Jan (4) bei Helen Gramlich im »Ausemländle« und bastelten mit ihr aus Naturmaterial Boote, Spinnennetze oder Zelte. »Es werden immer mehr Leute, die die Schwelle überwinden, hereinkommen und mitmachen«, berichtet die Künstlerin. Das Projekt ebne auch Kindern den Weg zur Kunst.

Edgar Braig und seine Künstlerkollegen in der ehemaligen Post seien sozusagen Selbstläufer, erzählt Edith Koschwitz. »Wenn die Leute die Künstler sehen, kommen sie herein und sprechen sie an.« Insofern sei Kunst auch sehr kommunikativ, denn zum Telefon würden die meisten nicht greifen. »Ich höre oft, dass Menschen sich freuen, dass Kunst vor Ort stattfindet und sie nicht weit fahren müssen«, sagt die Malerin Bedriye Caliskan.

Viele wünschten sich, dass die Post eine Galerie bleibe. Der Raum, groß, hell und in guter Lage, sei optimal geeignet. Für die Künstler selbst sei es sehr wichtig, nicht im eigenen Atelier vor sich hinzuschaffen, sondern die Werke endlich wieder zeigen zu dürfen und darüber ins Gespräch zu kommen. »In der Pandemie hatte ich kaum noch Motivation«, sagt die Malerin. Deshalb müsse man die Kunst zu den Menschen bringen.

Markus Wilke zählte bisher im Marktplatz 8 etwa 15 bis 20 Interessenten pro Tag, die Spaß daran hatten, sich ihren eigenen Himmel zu malen. »Teilweise kommen ganze Freundeskreise«, berichtet er.

Lukas Sabo startete in der Volksbankfiliale sein Filmprojekt über Münsingen. Gemeinsam wurden Filmsequenzen an verschiedenen Standorten gedreht und daraus Videos geschnitten. Der Zwanzigjährige, der Audiovisuelle Medien in Stuttgart studiert, bietet auch weiterhin die Möglichkeit, dies alles mit seiner fachlichen Begleitung zu lernen. Jugendliche werden auch sehr angezogen von der virtuellen Technik beim Dienstleister Neff.

Gut besucht waren bisher auch die Ausstellungen im BT 24 im Albgut. Auch schon bestehende Galerien wie das Offene Atelier 11 oder »Textilkunst & Handweberei« von Lina Andrea Dippel öffnen regelmäßig ihre Türen. »Mir war wichtig, alle mit einzubeziehen«, betont Edith Koschwitz. (GEA)

 

Tänzerinnen der Tanzschule Gitte Wax führen vor dem Rathaus ihr Können vor. Foto: Gabriele Böhm
Tänzerinnen der Tanzschule Gitte Wax führen vor dem Rathaus ihr Können vor.
Foto: Gabriele Böhm