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Aktuell Tradition

Krauthobel und Likör beim Trochtelfinger Martinsmarkt

Der Trochtelfinger Traditionsmarkt bietet Praktisches, Nettes und viel Unterhaltung

Trochtelfingens Altstadt bietet die perfekte Kulisse für einen Markt. Fotos: Wurster
Trochtelfingens Altstadt bietet die perfekte Kulisse für einen Markt. Fotos: Wurster
Trochtelfingens Altstadt bietet die perfekte Kulisse für einen Markt. Fotos: Wurster

TROCHTELFINGEN. Für Rudi Heller ist es die letzte Runde auf dem Trochtelfinger Martinimarkt in offizieller Mission. 30 Jahre lang hat er als Marktmeister bei den Ausstellern die Standgebühren eingesammelt, jetzt ist Schluss. 1989 wurde er »ins eiskalte Wasser geworfen«, erinnert er sich. Der damalige Meister war krank geworden, Heller sprang kurz entschlossen für den Schwager ein. Damals blieb die verantwortungsvolle Position in der Familie, jetzt übergibt er geregelt an Volker Schick, der sonst für den Bauhof unterwegs ist.

So vielfältig wie am Martinimarkt ist das Angebot sonst nicht. 80 bis 100 Aussteller seien angereist, schätzen die Marktmeister. Angepriesen wird so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Schon die schiere Zahl der Bekleidungsstände von preisgünstig bis hochwertig wirft die Frage auf, ob der Onlinehandel im Städtle überhaupt eine Chance hat. Eine Besucherin schwört auf die dicken Wollsocken vom Markt: »Die gibt es sonst nirgends«, ist die Hettingerin überzeugt. Und kauft für den Gatten gleich fünf Paar der Fußschmeichler als wärmendes und haltbares Inlet für die Arbeitsstiefel.

Da staunen die Hausfrauen: Emma Richardt am Multihobel.
Da staunen die Hausfrauen: Emma Richardt am Multihobel. Foto: Steffen Wurster
Da staunen die Hausfrauen: Emma Richardt am Multihobel.
Foto: Steffen Wurster

Ein Publikumsmagnet sind die unauffälligen Stände der Gemüsehobelverkäufer. Die handlicheren Sparschäler gibt es beim Stuttgarter Marktbeschicker Bolat aus Stuttgart, Emma Richardts Gigant-Multihobel bringt auch ausgewachsene Krauthaibla in Rekordzeit klein – da staunen auch die schwäbischsten Hausfrauen. Bei den Hobeln aus Edelstahl, spülmaschinenfest, in der praktisch-dekorativen Box mit austauschbaren Klingen greifen auch die Hausmänner zu. »Wenn sie die auch benutzen, senkt das die Scheidungsrate um 90 Prozent«, lobt die Geschäftsfrau aus Hausen im Killertal, während ein Stammkunde sein Richardt-Set um einen Einsatz ergänzt.

Auch bei Ewald und Daniel Heinzelmann aus dem Trochtelfinger Teilort Steinhilben kaufen sowohl Frau wie auch Mann gern ein. Aus der eigenen Manufaktur gibt es Likör mit wenig Volt, Hochprozentiges wird von Partnern zugekauft, das Obst für Schlehenlikör – der ist nicht so süß, schätzt eine Stammkundin – oder den Williams kommt auf jeden Fall aus der Region. Sirup gibt es auch, den lässt sich ein Kinderwagenpassagier aus dem Schnapsglas schmecken – sehr zur Verwunderung der Passanten ob der vermeintlichen Alkoholtoleranz der Mutter.

Nicht viel älter als der Sirupverkoster sind die Kinder vom Schloss-Kindergarten, einer Außenstelle von St. Martin. Der Besuch des Markts, der den gleichen Namen wie ihr Stamm-Kindi trägt, Pflicht und Vergnügen. Bei Erwin Dogan gibt’s ein Probiererle vom Dönerspieß, für den Ulmer sind die Markttage mit der Kebab-Bude ein Hobby.

Für die Kinder vom Schloss-Kindi gibts Döner bei Erwin.
Für die Kinder vom Schloss-Kindi gibts Döner bei Erwin. Foto: Steffen Wurster
Für die Kinder vom Schloss-Kindi gibts Döner bei Erwin.
Foto: Steffen Wurster

Vielleicht lässt er sein stattliches Dönermesser nach Marktschluss beim Scherenschleifer Mathias Schwarz schärfen. Bei dem Sondelfinger können Marktbeschicker zum Beispiel beim Krautschneiden ohne Multihobel stumpf gewordenes Schneidwerkzeug abgeben und nach vollbrachtem Bummel wieder abholen. Zwei bis drei Stunden kann das aber dauern, der Andrang ist groß – so scharf wie Schwarz macht’s halt keiner.

Ein paar Stunden beim Shoppen in den malerischen Gassen zu verbringen ist kein Problem. Und wem der Markttrubel zu viel wird, den lockt das traditionelle Gröschts in den Gaststätten der historischen Kernstadt. (GEA)