REUTLINGEN/PFULLINGEN. Hat nun der Mann aus Plochingen den Bauleiter vor der neu erstellten Halle in Pfullingen zusammengeschlagen, wie ein Schreinermeister von der gegenüberliegenden Straßenseite zusammen mit zwei Kollegen beobachtet hatte? Eigentlich dürften kaum Zweifel aufkommen, angesichts der Sicherheit, mit der dieser seine Aussage gemacht hatte. Er sei sofort zusammen mit seinen Kollegen zu dem wenige Meter entfernten Geschehen gegangen, habe den Prügelnden aufgefordert, mit den Schlägen aufzuhören – was der dann auch tat. Aber erst nachdem er von einer anderen Person beruhigt worden war.
Soweit das Geschehen. Doch dann fängt die Verwirrung an. Bei einer weiteren Vernehmung auf der Polizeiwache habe der Schreinermeister den Angeklagten sowie das Opfer eindeutig wiedererkannt – allerdings hatte er wohl nur jeweils ein Foto von den beiden Personen vorgelegt bekommen. Genau das sei jedoch völlig regelwidrig, wie Richter Sierk Hamann in der Verhandlung vor dem Reutlinger Amtsgericht betonte. Zeugen müssten eine Auswahl an Fotos mit unterschiedlichen Menschen vorgelegt werden. Vier Zeugen seien gar nicht vernommen worden – darunter auch das Opfer. »Und obendrein hatten vernommene Zeugen möglicherweise Angst oder keine Lust auf Vernehmung«, so Hamann.
Warum Angst? Könnte da ein Zusammenhang bestehen zwischen der Person des vermeintlichen Schlägers und seiner Mitgliedschaft bei den Hells Angels sowie der Weigerung des Opfers, Anzeige gegen ihn zu erstatten? Die Staatsanwaltschaft übernahm das für den Mann. Die Bauträger (beide ebenfalls muskelbepackt) sagten aus, dass der Bauleiter schlechte Arbeit geleistet habe. »Er hat die Zeit nicht eingehalten, war vier Monate zu spät dran.« Das solle eine Masche des Opfers sein, um mehr Kosten abrechnen zu können.
Die Verhandlung wurde schlussendlich auf den 18. Mai vertagt, weil zehn Mütter, die ihre Kinder vor einer Ballettschule abgeholt und das Geschehen beobachtet hatten, ebenso wie ein anderer Zeuge noch vernommen werden sollen. (GEA)