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Aktuell Kunst

Jahresausstellung des Kunstkreises Pfullingen lockte Kunstschaffende und Kunstfreunde

In einer an das Kolosseum erinnernden Szenerie bewegt sich die Figur von Sabine Heid in »Lost places«. Foto: Gabriele Böhm
In einer an das Kolosseum erinnernden Szenerie bewegt sich die Figur von Sabine Heid in »Lost places«.
Foto: Gabriele Böhm

PFULLINGEN. 38 Kunstschaffende hatten sich der Aufgabe gestellt und 87 Werke aus den letzten beiden Jahren eingereicht. Davon wählte die Jury, bestehend aus Dr. Rainer Lawicki (Kunstmuseum Reutlingen), Barbara Krämer (GEDOK) und Thomas Becker (VHS) 39 Arbeiten von 26 Künstlerinnen und Künstlern aus. 15 davon gehören den Pfullinger Künstlern an, alle anderen kommen aus der Region mit einem individuellen Bezug zur Stadt. »Sie alle leisten einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Leben in unserer Stadt«, so Hohloch. Der Vorsitzende Patrice Bérard dankten allen Akteuren und lud ein: »Ziehen wir aus, die Werke zu betrachten.«

Lawicki betonte in seiner Einführungsrede die hohe Qualität und gestalterische Vielfalt der Arbeiten. »Ausgezogen« sei mehrdeutig, entsprechend vielschichtig hätten sich die Künstler mit dem Thema auseinandergesetzt. Häufig sei beispielsweise die Darstellung eines Nests, verlassen durch die flügge gewordenen Vögel. Susanne Blum schuf in diesem Duktus buntbemalte Nistkästen mit dem Titel »ausgeflogen«. Das Objekt »Marabu« von Eckhard Nuss ist ausgezogen aus seinem Nest, um Nahrung für die Jungen zu suchen.

Humorvolle Interpretationen

Wörtlich und humorvoll nahm auch Hildegard Gleich das Thema. Sie stellte in Acryl auf Leinwand zwei »Liebestöter« dar: (ausgezogene) lange Unterhosen auf der Wäscheleine. Thomas Dietz zeigt als Hommage an den Bildhauer Johann Gottfried Schadow in Öl ein »Ruhendes Mädchen«, grauweiß wie eine klassische Skulptur, vor dem Ankleiden. Axel Standke drapierte Hemd und Jeans auf einem Klappstuhl. Doch »ausgezogen« bedeutet für ihn auch der Auszug aus einem Zimmer. Leer und kahl ist es in Airbrushtechnik zu sehen.

Aus einer Litfasssäule wird »Schälung«.
Aus einer Litfasssäule wird »Schälung«. Foto: Gabriele Böhm
Aus einer Litfasssäule wird »Schälung«.
Foto: Gabriele Böhm

Dramatisch wird es bei Sabine Heid. In ihrer Collage bewegt sich eine schattenhafte menschliche Figur durch eine Szenerie, die mit ihren Fensterreihen an das Kolosseum in Rom erinnert, doch albtraumhaft keine Orientierung bietet. »Lost Places« nennt sie ihr Bild. Ganz ähnlich empfand Roswitha Maria Konrad in ihrer Fotografie »entblößt«. Sie zeigt ein altes Gebäude mit marodem Charme, von allen verlassen, in Auflösung begriffen.

Das einzige Gemeinschaftswerk schufen Helmut Bachschuster und Patrice Bérard. »Schälung« ist ein Hingucker gleich unterhalb der Treppe. Die beiden Künstler entfernten die vielen Lagen der Litfasssäule vor dem Bahnhof, fügten Fotos ihrer Aktion hinzu und setzten alles abschließend wieder zu einem Turm zusammen. Der im Inneren noch eine Überraschung enthält. Wer nicht nur drauf-, sondern auch durch das eingeschnittene Fenster hineinguckt, erblickt eine Figur aus Holz.

Kunst sprengt Grenzen

Gaby Frey-Bantle entwarf in »(r)ausgezogen« 25 Holzblöcke als Bildträger. Vorwitzig tanzt ein einzelner aus der Reihe, rausgezogen statt ausgezogen, und kippt leicht nach vorne, gemäß dem Satz Lawickis: »Kunst missachtet Regeln und sprengt Grenzen.« (GEA)