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Aktuell Weltreise

GEA-Redakteurin in Asien - wenn Welten zwischen Welten liegen

Claudia Hailfinger, jahrelang Lokalredakteurin beim GEA, zuerst in Mössingen, dann in Pfullingen, hat im November 2021 ihren Stift gegen einen Rucksack, ihr Zuhause gegen das Unterwegssein getauscht. Vor Kurzem ist sie von ihrer Weltreise zurückgekehrt. Hier ihr letzter Bericht.

Mehrere Monate ist Claudia Hailfinger durch Südostasien gereist.  FOTO: HAILFINGER
Mehrere Monate ist Claudia Hailfinger durch Südostasien gereist. Foto: Claudia Hailfinger
Mehrere Monate ist Claudia Hailfinger durch Südostasien gereist.
Foto: Claudia Hailfinger

Es wird voll in dem Van. Immer wieder steigen Leute zu, quetschen sich zwischen die Passagiere. Das Gepäck kommt aufs Dach, die Reissäcke in den Kofferraum und die Hühner in Körben unter die Sitze. Ziel ist Nong Khiaw. Das wohl schönste Dorf meiner Reise. Der Ausblick von der Steinbrücke fesselt: rechts und links von wildem Urwald überzogene Hänge, unten der dunkelgrün schimmernde Nam Ou Fluss, an seinen Ufern zwischen Palmen Holzhäuschen auf Stelzen.

Hier, im Norden von Laos, spielen die Kinder barfuß und mit staubigen Gesichtern auf der Straße, hier sitzen Großmütter in Decken gehüllt auf der Türschwelle, einen Klumpen Klebreis in der Hand. Die Türen stehen offen: Auf dem Boden Matratzen für die Nacht, winzige Röhrenfernseher, Plastikstühle. Frauen in Wickelröcken stehen hinter üppigen Obstauslagen – Mango, Papaya, Ananas – alles wandert auf die Balkenwaage, der Preis ist derselbe. Roller kreuzen den Weg, auf ihnen geschichtet Familien: Zwischen dem Vater und der Mutter stecken die Kinder. Am Abend werden sie vor ihren Häuschen sitzen, auf dem Boden, das kleine Lagerfeuer umringen und die Hände vor den Topf halten, in dem die Gemüsesuppe köchelt.

Rauch und buddhistische Mönche in Orange

Immer und überall hängt Rauch in der Luft. Auch schon am frühen Morgen. Wenn die Frauen vor ihren Läden kniend den buddhistischen Mönchen in den orangefarbenen Gewändern Essen in die Taschen stecken. Und wenn die Fischer in Holzbooten mit dem Nebel übers Wasser treiben, der Angelfaden Kreise zieht, die Welt weit weg ist.

Poesie des Einfachen. Alles fühlt sich echt an, unaufgeregt, bestechend schlicht. Ob der westliche Reisende verklärt, was einfach Armut ist? Vielleicht. Was ihn empfänglich dafür macht, ist aber seine Bedürftigkeit, das Sehnen nach Wesentlichem, nach Nährendem, der Überdruss am Überfluss.

Nylonbändchen zwischen Pobacken

Szenenwechsel: Die letzten Tage der großen Reise stehen an – Sri Lanka, Südküste. Wer will, kann in einfachen Gästezimmern der Einheimischen schlafen, würzige Currys für wenig Geld essen. Oder man kann sich in teure Touristen-Cafés setzen: Komfort in Instagram-Kulisse. Chiasamen auf der Mandelmus-Granola-Bowl, Sitzkissen unterm Hintern, Hängekorbsessel mit Meerblick. Hier ziehen sich Frauen Nylonbänder zwischen die Pobacken und nennen es Bikini, bedudeln sich Bekanntschaften mit »Sex on the Beach« und spurten dynamische Jungs am Strand vorbei – um ihren Drohnen zuzuwinken.

Auch ich sitze hier. Cappuccino aus italienischer Maschine. Lecker. Und ich wundere mich. Über die anderen und über mich. Welten liegen zwischen den Welten, die ich in den vergangenen 15 Monaten gesehen habe. Die Frage ist: Wie soll meine künftig aussehen? (GEA)