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Metzinger Betriebe leiden unter Personalmangel

Personalkollaps im Öffentlichen Dienst? Gewerkschaften schlagen Alarm wegen des Fachkräftemangels

Wie in der Privatwirtschaft spielen Fachkräftemangel und demografischer Wandel zwar auch bei der Stadtverwaltung eine Rolle, all
Wie in der Privatwirtschaft spielen Fachkräftemangel und demografischer Wandel zwar auch bei der Stadtverwaltung eine Rolle, allerdings nur teilweise. FOTO: HEIKO KÜVERLING/ADOBE STOCK
Wie in der Privatwirtschaft spielen Fachkräftemangel und demografischer Wandel zwar auch bei der Stadtverwaltung eine Rolle, allerdings nur teilweise. FOTO: HEIKO KÜVERLING/ADOBE STOCK

METZINGEN. Bisher konnten viele talentierte Menschen für den Öffentlichen Dienst vor Ort begeistert werden, teilt die Stadt Metzingen in einer Pressemitteilung mit. Stadtverwaltung und ihre kommunalen Betriebe setzen dabei auf einen bunten Strauß an Maßnahmen, wie starke Arbeitgebermarke, mehr Digitalisierung und gesunde Personalentwicklung.

Wenn es nach dem Chef des Deutschen Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, geht, ist der Personalkollaps im Öffentlichen Dienst schon da. So jedenfalls seine Äußerung vergangene Woche, nachdem mehrere Gewerkschaften wegen des Fachkräftemangels im Öffentlichen Dienst Alarm geschlagen hatten.

Die Stadt Metzingen ist vergleichsweise noch gut aufgestellt, erklärt Maik Timmann, Fachbereichsleiter Personal: »Aber auch bei uns tun sich schon Lücken auf.« Wie in der Privatwirtschaft spielen Fachkräftemangel und demografischer Wandel zwar auch bei der Stadtverwaltung eine Rolle, allerdings nur teilweise. Denn nur in einigen Bereichen kann es auch schon mal länger dauern, bis eine Stelle besetzt ist. Hier nennt Timmann beispielsweise die technischen Berufe.

Maik Timmann vom Fachbereichsleiter Personal. FOTO: PR
Maik Timmann vom Fachbereichsleiter Personal. FOTO: PR
Maik Timmann vom Fachbereichsleiter Personal. FOTO: PR

Um auch langfristig qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und insbesondere zu halten, hat die zweitgrößte Stadt des Landkreises Reutlingen eine ganze Reihe von "weichen Arbeitsfaktoren", wie es fachlich heißt, geschaffen. "Wir bei der Stadt legen großen Wert darauf, dass alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit mit ihrem Privatleben unter einen Hut bekommen", so der Personaler. Und das, so sagt er, auch mit individuellen Lösungen, die sowohl sozialverträglich, als auch finanziell verträglich sind. "Das können beispielsweise ganz speziell angepasste Arbeitszeiten sein. Natürlich müsse "der Laden laufen", aber die Erfahrung zeigt, dass zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch einen guten Job machen.

Gerade im Erziehungsbereich fällt dies auf. Denn während andere Kommunen mit Fachkräftemangel vor allem in den Kindergärten kämpfen, so ist der Erziehungsbereich bei der Stadt Metzingen gut abgedeckt. Und das liegt nicht an einer übertariflichen Bezahlung, wie Maik Timmann erklärt: »Das liegt vor allem an der hoch qualifizierten Arbeit, die die Erzieherinnen und Erzieher hier machen können.« Es gibt bei der Stadt Metzingen zwei Fachberaterinnen, die sich um die Belange der Kindergärten und Kinderkrippen samt Personal kümmern. Außerdem punktet der Bereich zusätzlich mit einem Vertretungspool. Hier sind derzeit gut zehn Erzieherinnen auf Abruf, die bei personellen Lücken eingesetzt werden können. »Somit gibt es für alle keine Überlastung durch andauernde Personalengpässe und die Qualität der Arbeit im Erziehungsbereich ist gesichert.« Das zahlt sich aus. So hat der Personalfachbereichsleiter für dieses Gebiet ständig Initiativbewerbungen, die er schnell bearbeitet. Auch dies, so meint er, sei ein weiteres Erfolgsrezept, genauso wie eine langfristige Planung. Und das geht in seinen Augen schon bei der Ausbildung los. »Wir bilden viel aus und wir übernehmen alle Guten.« So gibt es für dieses Jahr nur noch FSJ-Plätze im Kita-Bereich zu besetzen, alle anderen Ausbildungsstellen im kommunalen Bereich sind für 2023 vergeben.

Digitalisierung vorantreiben

Das liegt sicher auch an den vielen anderen Angeboten, die die Stadt als Arbeitgeber bereithält. Vom Langzeitarbeitskonto, modernen Arbeitsmitteln, einem Gesundheitsmanagement mit vielfältigen Angeboten, wie Sportkursen, Kochevents für gesunde Ernährung oder auch Resilienztraining bis hin zu ergonomischen Möbeln. »Wir als Arbeitgeber können die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier im Arbeitsalltag positiv beeinflussen.« Zudem ist die Stadt Metzingen ein zertifizierter familienfreundlicher Arbeitgeber und für viele damit auch ein attraktiver Arbeitgeber.

Metzingens Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh hat bei der Personalpolitik, neben der Personalentwicklung, vor allem das Thema »Digitalisierung« im Blick. Denn werden Abläufe in der Verwaltung mehr digitalisiert, gibt es für die Bürger nicht nur mehr Servicequalität. Auch Kollegen in der Verwaltung haben dadurch mehr Kapazitäten für dringendere Aufgaben. »Wir können es uns nicht leisten, die Möglichkeiten der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz nicht konsequent zu nutzen. Viele Massengeschäfte, An- und Abmeldungen von Personen, könnten bereits jetzt weitestgehend digital und mit künstlicher Intelligenz abgewickelt werden.« Sie hat daher gleich nach ihrem Amtsantritt einen neuen Geschäftsbereich »Digitalisierung und IT« geschaffen, der nun konsequent alle Prozesse in der Verwaltung untersucht. Ziel ist, die Arbeitsabläufe mit digitalen Vorgängen noch mehr zu automatisieren. Denn Technologien wie Automation, Robotik oder KI unterstützen und entlasten, erklärt Haberstroh. Jeder digitalisierte Vorgang spare Zeit und Arbeitskapazitäten. »Deshalb ist für mich die Digitalisierung ein absolutes Prio-eins-Thema.« Sie plädiert dafür, auch die landes- und bundeseinheitlichen Verfahren digital fit zu machen. Arbeitskräfte, die durch KI ersetzt werden, würden ja nicht verschwinden. Sie können effektiv an anderen Stellen im Öffentlichen Dienst zum Einsatz kommen. Die Folge wäre, dass sich Lücken schließen.

Metzingens Oberbürgermeisterin Carmen  Haberstroh. FOTO: PR
Metzingens Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh. FOTO: PR
Metzingens Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh. FOTO: PR

Bis es soweit ist, lassen sich die Personallücken noch anders schließen, wie sie betont. Hierbei sei es wichtig, auch die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes zu stärken. Man müsse vor allem wegkommen von diesem »grauen Verwaltungsbild«, so Haberstroh. Schließlich gibt es auf kommunaler Ebene viele spannende Tätigkeiten in den verschiedensten Berufen und Aufgabenbereichen, die auch für Quereinsteiger attraktiv sind. Und durch gezielte städtische Fortbildungen und Weiterqualifizierungen kann jeder für die Arbeit im Öffentlichen Dienst fit gemacht werden, wie sie klarstellt: »Also man muss keine Verwaltungsfachfrau oder Verwaltungsfachmann sein. Nein. Bei uns werden die gleichen Fähigkeiten gebraucht, die auch bei Unternehmen gefragt sind.« Der einzige Unterschied sei, dass die maximale Rendite das maximal Mögliche für das Gemeinwohl ist.

Carmen Haberstroh hat sich dem Gemeinwohl verschrieben und ist mit Leib und Seele im Öffentlichen Dienst verankert. Fast 30 Jahren arbeitet sie für die Stadt Metzingen und einige Kolleginnen und Kollegen gehen seit dieser Zeit mit ihr. »Wir konnten viele Leistungsträger der Stadt halten.« Aber auch viele neue Gesichter sind im Rathaus und den städtischen Betrieben in den letzten Jahren hinzugekommen. Diese Vielfalt schätzt die Oberbürgermeisterin. Dabei spielt für sie auch das Zusammenwirken der verschiedenen Generationen eine große Rolle. »Erfahrung ist genauso wichtig, wie frischer Wind. Und wenn wir weiterhin offen sind, voneinander zu lernen, dann sind wir gut aufgestellt.«

Carmen Haberstroh weiß trotzdem, dass sie und ihr Team »dranbleiben« müssen. Denn im Öffentlichen Dienst der Kommunen scheiden in den nächsten zehn Jahren rund 570.000 Beschäftigte aus. Das entspricht etwa 30 Prozent des Personals. (eg)