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Kein Rettungs-Heli in Wannweil: Es gibt Freude und Unverständnis

Der Reutlinger Landrat Ulrich Fiedler betont die Unterstützung der Wannweiler. Sein Kollege Joachim Walter hält Tübingen für prädestiniert. Hier weitere Reaktionen zur Entscheidung des Innenministeriums in Stuttgart.

Wie der neue Rettungshubschrauber »Christoph Thüringen« (Bild) wird auch »Christoph 41« von der Deutschen Rettungsflugwacht betr
Ein neuer Hubschrauber der DRF Luftrettung am Start- und Landeplatz. Foto: DRF Luftrettung
Ein neuer Hubschrauber der DRF Luftrettung am Start- und Landeplatz.
Foto: DRF Luftrettung

WANNWEIL/TÜBINGEN. Gemischte Gefühle hat die Entscheidung der Landesregierung für den Hubschrauberstandort in Tübingen ausgelöst. In Wannweil ist man enttäuscht, dass es mit der Basis nicht geklappt hat, reagiert aber gefasst: »Es war allen Beteiligten klar, dass das Ergebnis des Bürgerentscheids nicht mit einer Entscheidung für Wannweil gleichzusetzen ist«, sagte Wannweils Bürgermeister Dr. Christian Majer. Es sei für das Ministerium durch den ablehnenden Ratsbeschluss lange nicht klar gewesen, ob Wannweil an den Start gehen dürfe oder nicht. Das habe erst der Bürgerentscheid im November gezeigt. »Dass es so ausgegangen ist, müssen wir akzeptieren.«

Der Reutlinger Landrat Dr. Ulrich Fiedler wählt deutlichere Worte: »Seit dem Bürgerentscheid mit dem eindeutigen Votum für Christoph 41 und der Einreichung unseres Konzepts beim Innenministerium sind erst wenige Tage vergangen. Auch eine Einladung nach Wannweil zur Besichtigung des möglichen Standorts wurde von Seiten des Innenministeriums nicht angenommen. Wie unter diesen Umständen eine qualifizierte Entscheidung möglich gewesen ist, kann ich mir nicht erklären«, sagte Fiedler. Für ihn ist die BG-Klinik Tübingen eine Fehlentscheidung. »Die Vorteile des Standorts Wannweil wurden bei dieser Entscheidung nicht gesehen: Das absolute Top-Niveau der präklinischen Versorgung, die optimale Anbindung durch die Nähe zur B 28 sowie die ausgezeichnete luftfahrtrechtliche Genehmigungsfähigkeit sprechen eindeutig für Wannweil.« Auch die breite Unterstützung in der Bevölkerung sei ein klarer Standortvorteil. »Stattdessen soll der Rettungshubschrauber auf dem Dach der Klinik in Tübingen stationiert werden – mitten im Stadtgebiet, ohne die Stimme der Tübinger Bürgerinnen und Bürger gehört zu haben. Vor diesem Hintergrund habe ich keinerlei Verständnis für die Entscheidung«, sagte Fiedler.

Der Reutlinger Landrat Dr. Ulrich Fiedler hat für die Entscheidung für Tübingen »keinerlei Verständnis«.  FOTO: PIETH
Der Reutlinger Landrat Dr. Ulrich Fiedler hat für die Entscheidung für Tübingen »keinerlei Verständnis«. FOTO: PIETH
Der Reutlinger Landrat Dr. Ulrich Fiedler hat für die Entscheidung für Tübingen »keinerlei Verständnis«. FOTO: PIETH

Kritik gibt es auch von den Geschäftsführern der Kreiskliniken Reutlingen, wie deren Sprecher Lukas Schult mitteilte: »Wir sind über die Entscheidung des Innenministeriums sehr enttäuscht und können nicht nachvollziehen, warum unser Konzept, das neben allen geforderten Gutachten zusätzlich bereits durch den Bürgerentscheid in Wannweil eine breite Unterstützung in der Bevölkerung gefunden hat, und auch kostentechnisch erheblich günstiger zu realisieren wäre, offensichtlich nicht einmal ernsthaft geprüft wurde.« Außerdem sei, was die Qualität der präklinischen Versorgung betreffe, der Landkreis Reutlingen mit fünf Notarztstandorten nachweislich seit vielen Jahren in der absoluten Spitzengruppe in Baden-Württemberg vertreten. »Eine Stationierung des Christoph 41 in Wannweil wäre hier nur folgerichtig gewesen. Insofern erwarten wir eine transparente und ausführliche Darstellung der Entscheidungsfindung«, sagte Schult für die Kreiskliniken. Diese hatten den Wannweiler Standort unterstützt.

Wannweils Bürgermeister Dr. Christian Majer akzeptiert die Entscheidung des Ministeriums. FOTO: PIETH
Wannweils Bürgermeister Dr. Christian Majer akzeptiert die Entscheidung des Ministeriums. Foto: Frank Pieth
Wannweils Bürgermeister Dr. Christian Majer akzeptiert die Entscheidung des Ministeriums.
Foto: Frank Pieth

Palmer: Großer Fortschritt

In Tübingen dagegen ist man höchst zufrieden mit der Entscheidung. Tübingens OB Boris Palmer ließ auf Facebook verlauten: »Ich freue mich, dass Tübingen den Zuschlag erhalten hat. Das ist medizinisch und für Notfallpatienten ein großer Fortschritt.« Palmer führte weiter aus: »Der Standort Tübingen ist schon geografisch richtig, weil damit die südliche Alb besser versorgt werden kann als von Leonberg. Dort besteht das größte Defizit. Der Standort BG Unfallklinik ist darüber hinaus medizinisch optimal, weil hier hoch engagierte Fachleute neue Qualitätsstandards einführen wollen und können. Zum Beispiel kann man schon auf dem Anflug wichtige Analysen und Untersuchungen machen, die man sofort an die Klinik überspielt. Da sind noch große technische Fortschritte möglich und hier können sie vorangetrieben werden.« Auch der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Mozaffari Jovein war angetan: »Die Entscheidung wird sowohl der Stadt als auch der Region zugutekommen.« Auch die SPD-Landtagsabgeordnete Dorothea Kliche-Behnke und der Tübinger SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann äußerten sich in ähnlicher Weise.

Der Tübinger Uniklinikums-Chef Professor Dr. Michael Bamberg hält die Entscheidung für sachlich gerechtfertigt.  FOTO: NIETHAMME
Der Tübinger Uniklinikums-Chef Professor Dr. Michael Bamberg. Foto: Markus Niethammer
Der Tübinger Uniklinikums-Chef Professor Dr. Michael Bamberg.
Foto: Markus Niethammer

Marcus Herbst, Geschäftsführer der Tübinger BG Klinik, und Professor Dr. Michael Bamberg, Leitender Ärztlicher Direktor des Uniklinikums, begrüßen die Entscheidung: »Wir freuen uns sehr, dass das Innenministerium den Medizincampus Tübingen als geeigneten Standort für die Umsetzung der Ergebnisse der ›Struktur- und Bedarfsanalyse der Luftrettung in Baden-Württemberg‹ bewertet hat.« Die beiden Klinikvertreter sprechen von einer »sachgerechten Entscheidung«. Die BG-Klinik Tübingen und das Uniklinikum seien als medizinisches Maximalversorgungszentrum und »Überregionales Traumazentrum« langjährige und fest etablierte Partner in der Notfallversorgung.

Der Tübingen Landrat Joachim Walter bezeichnet die Entscheidung für Tübingen als »ideal«.  FOTO: KREIBICH
Der Tübingen Landrat Joachim Walter bezeichnet die Entscheidung für Tübingen als »ideal«. Foto: Joachim Kreibich
Der Tübingen Landrat Joachim Walter bezeichnet die Entscheidung für Tübingen als »ideal«.
Foto: Joachim Kreibich

Freude auch beim Tübinger Landrat Joachim Walter: »Mit dem Universitätsklinikum Tübingen und der BG-Klinik Tübingen ist der Standort Tübingen geradezu prädestiniert als Luftrettungsstandort.« In der Stadt sei eine hohe Notarztverfügbarkeit vorhanden, insbesondere auch bei speziellen Bereichen wie bei Kindernotärzten. »Nachdem auch die logistischen und räumlichen Voraussetzungen bereits in Teilen gegeben sind, ist diese Lösung geradezu ideal – für die langfristige Stärkung und Weiterentwicklung der Rettungs- und Notfallmedizin am Standort Tübingen und vor allem für die Menschen in der Region, die in Tübingen eine medizinische Maximalversorgung auf höchstem Niveau vorfinden«, sagte Landrat Walter. (mak/al)