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Immer wieder Tausende Kraniche am Himmel über dem Ermstal

Günter Künkele ist einer anderen Kranich-Formation aus mehr als zwei Dutzend der langhalsigen und langbeinigen Zugvögl mit dem T
Günter Künkele ist einer anderen Kranich-Formation aus mehr als zwei Dutzend der langhalsigen und langbeinigen Zugvögl mit dem Teleobjektiv ganz nahe gerückt. FOTO: KÜNKELE
Günter Künkele ist einer anderen Kranich-Formation aus mehr als zwei Dutzend der langhalsigen und langbeinigen Zugvögl mit dem Teleobjektiv ganz nahe gerückt. FOTO: KÜNKELE

METZINGEN. Ein ungewöhnliches Geräusch. Kehlige, trompetenartige Laute. Der Blick in umliegende Bäume zeigt ein paar Krähen und Spatzen. Von denen kann es also nicht kommen. Dann kommt die Erleuchtung: Das »Gruh, Gruh« kommt von oben. Eine riesige Formation von Vögeln. Könnten Kraniche sein. Eine Mail und zwei Telefonate mit Günter Künkele später ist die Sache klar: Ja, tatsächlich Kraniche!

Nicht nur außergewöhnlich viele, sondern auch in außergewöhnlicher Formation: Typischerweise schließen sich die Vögel zu einem energiesparenden, riesigen Keil zusammen. An diesem Mittag sind über Metzingen viele Tiere aus dem Keil ausgeschert. Vermutlich waren ein paar erschöpft. Das Foto zeigt mehrere kleine Keile. »Energetisch notwendig, um mithalten und überleben zu können«, erklärt Günter Künkele.

Bis zu 2.000 Kilometer am Stück

Die Kraniche stoßen ihre weit hörbaren Rufe aus, die manchmal auch nachts zu hören sind. Von diesen heißeren Gruh-Gruh-Stimmlauten stammt auch ihr lateinischer Gattungs-Name »Grus grus« ab, weiß der vielfach ausgezeichnete (Bundesverdienstkreuz 2005, Uracher Bürgermedaille 2021) Naturkenner. Die 1,30 Meter großen Vögel ziehen sowohl nachts als auch tagsüber. Mit großen, flachen Schwingen, langsamem Flügelschlag, Hals und Beine ausgestreckt und laut trompetend überquerten sie jetzt das Ermstal.

Kraniche über Metzingen. Vogel-Experte Günter Künkele war sehr angetan von dem Foto, weil es zeigt, wie die Vögel sofort nach de
Kraniche über Metzingen. Vogel-Experte Günter Künkele war sehr angetan von dem Foto, weil es zeigt, wie die Vögel sofort nach dem – wodurch auch immer bedingten – Ausscheren aus dem Hauptkeil gleich wieder kleine Keilflugformationen einnehmen, um im energiesparenden Windschatten weiterzufliegen. FOTO: FINK
Kraniche über Metzingen. Vogel-Experte Günter Künkele war sehr angetan von dem Foto, weil es zeigt, wie die Vögel sofort nach dem – wodurch auch immer bedingten – Ausscheren aus dem Hauptkeil gleich wieder kleine Keilflugformationen einnehmen, um im energiesparenden Windschatten weiterzufliegen. FOTO: FINK

Zu ihrem Langstreckenflug – Kraniche können bis zu 2.000 Kilometer nonstop zurücklegen, wobei kürzere Tagesetappen von 10 bis 100 Kilometern eher die Regel sind – könnten sie in Norddeutschland, Nordosteuropa oder Skandinavien aufgebrochen sein, um ihn in südlichen Gefilden wie zum Beispiel in Südfrankreich oder in der Extremadura in Südspanien zu beenden und dort den Winter zu verbringen. Die Schreitvögel konnten in den letzten Jahren vermehrt bei ihrem Herbstzug über die Alb beobachtet werden.

Ornithologen haben bisher noch keine abschließende Erklärung, warum und wieso die sogenannte Querroute zwischen dem bisherigen baltisch-ungarischen Zugweg und der sogenannten hessischen Hauptroute nördlich des Mains verstärkt beflogen wird. Eine Vermutung ist, dass klimatische Veränderungen der letzten Jahre wie starke Ostwindlagen im November zum Abdriften der Zugvögel aus der ungarischen Puszta und zum Einschlagen einer Querroute nördlich des Alpenbogens über Österreich, Deutschland und Frankreich führten.

Bis zu 70 km/h schnell

Durch Meldungen aus der Bevölkerung, Beobachtungen und Aufzeichnungen von Vogelkundlern konnte in den letzten Jahren der Querzugweg grob nachverfolgt werden. So fliegen die stolzen Kranichvögel nach Angaben des Nabu je nach Wetter- und Windverhältnissen mit einem Tempo von bis zu 70 Kilometern in der Stunde offensichtlich von Ungarn und Österreich über Passau kommend nach Bayern und Baden-Württemberg. Über die Regionen von München, Augsburg und Stuttgart ziehen sie mit Stopps zum Ruhen und Futtern bis in den Raum Karlsruhe, wo sie sich mit Gleichgesinnten, die auf der Hessen-Rheinland-Pfalz-Saarland-Route unterwegs sind, vereinen, um gemeinsam südwärts ins französische Winterquartier, in die Camargue, zu ziehen. (and/gkü)