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Aktuell Medizin

Dieser Zusammenschluss soll die Versorgung langfristig sichern

Die Gemeinden Hülben, Grabenstetten und Erkenbrechtsweiler gründen eine innovative Genossenschaft.

Die Gemeinden Hülben, Grabenstetten und Erkenbrechtsweiler haben die gemeinnützige Genossenschaft MED-VA – was für Medizinische
Die Gemeinden Hülben, Grabenstetten und Erkenbrechtsweiler haben die gemeinnützige Genossenschaft MED-VA – was für Medizinische Versorgung Vordere Alb steht – gegründet. Die innovative Genossenschaft bringt Ärzte, Kommunen und bei Bedarf Kliniken enger zusammen. Im Bild (von links) die Bürgermeister Roland Deh (Grabenstetten), Siegmund Ganser (Hülben), der jetzt Vorsitzender der Genossenschaft ist, und Roman Weiß (Erkenbrechtsweiler) sowie Geschäftsführer Dr. Martin Felger. FOTO: PRIVAT
Die Gemeinden Hülben, Grabenstetten und Erkenbrechtsweiler haben die gemeinnützige Genossenschaft MED-VA – was für Medizinische Versorgung Vordere Alb steht – gegründet. Die innovative Genossenschaft bringt Ärzte, Kommunen und bei Bedarf Kliniken enger zusammen. Im Bild (von links) die Bürgermeister Roland Deh (Grabenstetten), Siegmund Ganser (Hülben), der jetzt Vorsitzender der Genossenschaft ist, und Roman Weiß (Erkenbrechtsweiler) sowie Geschäftsführer Dr. Martin Felger. FOTO: PRIVAT

HÜLBEN. Vielerorts fehlen Hausärzte, vor allem auf dem Land. Die Gründung von Genossenschaften, die speziell auf dieses Thema ausgerichtet sind, bietet einen interessanten und innovativen Lösungsansatz und bringt Ärzte, Kommunen und bei Bedarf Kliniken enger zusammen. In Hülben wurde nun die bundesweit dritte gemeinnützige Genossenschaft dieser Art gegründet. Mit deren Hilfe soll die hausärztliche Versorgung vor Ort langfristig gesichert werden. Die neu gegründete Genossenschaft MED-VA eG bietet sehr attraktive Rahmenbedingungen sowohl für junge, als auch für ältere Ärzte bei der Nachfolgeplanung für ihre Praxen. MED-VA steht für Medizinische Versorgung Vordere Alb.

»Mit der Gründung dieser Genossenschaft legen wir den Grundstein für eine dauerhafte Zukunftssicherung der medizinischen Grundversorgung auf der Vorderen Alb«, sagte Hülbens Bürgermeister Siegmund Ganser bei der Gründungsversammlung, »es freut mich sehr, dass wir das interkommunal gemeinsam denken.«

Antwort auf Hausärzte-Mangel

Der Mangel an Hausärzten nimmt zu. Diese Entwicklung ist im ganzen Land zu beobachten. Und der Trend wird sich fortsetzen. In Deutschland sind weit über 35Prozent der Hausärzte älter als 60 Jahre. Durch die Altersstruktur der niedergelassenen Ärzte aber auch durch den wachsenden medizinischen Versorgungsbedarf ist die gesundheitliche Versorgung gerade in ländlichen Regionen oft gefährdet und erfordert dadurch neue Strukturen.

Im Landkreis Calw, im Nordschwarzwald, wurde im Jahre 2019 die erste Genossenschaft in Baden-Württemberg zum Betrieb von Hausarztpraxen gegründet. Hier kann man seither auf eine sehr gute Entwicklung zurückblicken und gibt die Erfahrungen nun weiter. Inzwischen sind zwei gemeinnützige Genossenschaften im Süden Baden-Württembergs dem Calwer Beispiel gefolgt.

Hülben hat sich zusammen mit den Nachbargemeinden Grabenstetten und Erkenbrechtsweiler nun ebenfalls für dieses interessante Modell entschieden. Primäres Ziel ist die Sicherung der hausärztlichen Versorgung auf der Vorderen Alb. Hausarztpraxen können sich der Genossenschaft anschließen oder mit ihr kooperieren. In Hülben soll damit zunächst der Fortbestand der ortsansässigen Praxis Dres. Schönleber in Form eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) gesichert werden.

Es kommen allerdings noch weitere Besonderheiten dazu. Das hausärztliche MVZ wird Teil eines Gesundheitszentrums, das von der Gemeinde Hülben mit Unterstützung des Landratsamtes geplant wird und das an den von der Robert Bosch Stiftung entwickelten PORT-Kriterien ausgerichtet ist. PORT steht für »Patientenorientiertes Zentrum zur Primär- und Langzeitversorgung«.

Teil des Gesundheitszentrums

Konzeptionell verbunden sein wird dieses Zentrum mit einem Präventions- und einem Nachsorgezentrum zur rehabilitativen Kurzzeitpflege, das in direkter Nachbarschaft entstehen wird. Die Robert Bosch Stiftung, die den Aufbau von PORT- Zentren unterstützt, fördert das Vorhaben in Hülben unter anderem durch die Finanzierung einer Stelle für eine sogenannte Community Health Nurse. Diese wird als Gesundheits-, Versorgungs- und Patientenlotsin, die die Angebote in und um Hülben kennt, die Patienten begleiten und gemeinsam mit ihnen und in enger Abstimmung mit den behandelnden Therapeuten, die jeweiligen passgenauen Patientenpfade bahnen.

Geringeres Risiko für alle

Begleitet wird der ganze Prozess von der Beratungsfirma Diomedes (Melsungen), die das MVZ-Genossenschaftsmodell entwickelt und im Nordschwarzwald erfolgreich umgesetzt hat. Ein wichtiges Argument ist das geringe Risiko für alle Beteiligten: »Die Haftungsrisiken der Mitglieder bei diesem Genossenschaftsmodell sind minimal«, erläutert Diomedes-Geschäftsführer Dr. Martin Felger. Erträge der Genossenschaft werden nicht ausgeschüttet und stattdessen für fortlaufende Schulungen und Investitionen in die Praxis verwendet. Damit kommen sie voll und ganz der Patientenversorgung zugute.

Zudem ist das Modell auch für Ärzte sehr interessant: »Immer mehr junge Ärztinnen und Ärzte ziehen eine Anstellung der selbstständigen Niederlassung vor«, sagt Dr. Martin Felger. Als Angestellte der Genossenschaft haben sie keine wirtschaftlichen Risiken, werden weitgehend von Verwaltungstätigkeiten entlastet und können sich ganz auf die Versorgung der Patienten konzentrieren. Auch Teilzeitmodelle sind in fast jeder Form möglich. Beruf, Familie und Freizeit lassen sich so leichter vereinbaren.

Ältere geben Erfahrung weiter

Ältere Ärzte können ihre Praxis in die Genossenschaft einbringen und deren Bestand sichern. Zudem können sie ihre hausärztliche Tätigkeit auch im Rentenalter noch einige Jahre fortführen und dabei die Arbeitszeiten schrittweise reduzieren. »So können wir den reichen Erfahrungsschatz dieser Generation für unsere Patienten und für die Ausbildung der jungen Ärztegeneration länger erhalten«, sagt Dr. Martin Felger. (eg/GEA)

 

www.medva.de

www.diomedes.dewww.bosch-stiftung.de