TÜBINGEN. Zum Auftakt spielte das Posaunenduo Birger und Jascha Hass die Eurovisionshymne. Durchaus angemessen, wie Oberbürgermeister Boris Palmer feststellte, reiche die Bedeutung des Anlasses doch weit über Tübingen hinaus: Für ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement wurde Ingeborg Höhne-Mack gestern das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) überreichte der 71-Jährigen bei einer Feierstunde mit Kollegen, Mitstreitern und Wegbegleitern im Tübinger Rathaus die Ordensinsignien und die Urkunde. Menschen wie Höhne-Mack sei es zu verdanken, dass Inklusion und Gleichberechtigung mittlerweile »breit akzeptiert sind«, erklärte Schopper. Höhne-Mack setze sich seit Jahrzehnten und bis heute mit Leidenschaft für die Belange ihrer Mitmenschen ein und mache sich für das Gemeinwesen stark.
Tochter mit schwerem Herzfehler
Ihr Engagement »auf den steinigen Feldern der Gesellschafts- und Sozialpolitik«, wie Höhne-Mack es selbst formulierte, gilt vor allem den Rechten von Frauen sowie der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Ihre Tochter Simone kam 1986 mit einem schweren Herzfehler und einer Darmmissbildung zur Welt.
Der damalige Chef der Neonatologie habe den Eltern prognostiziert, dass das Kind »spätestens mit dem dritten Lebensjahr hochgradig schwachsinnig ist«. Diese Aussage zur Zukunft eines Kindes mit Trisomie 21 habe nach dem ersten Schock auch ihren Widerspruchsgeist geweckt, erklärte die Geehrte. Ihr Ziel wurde es, der Tochter unter anderem über den Besuch einer Regelschule zu einem »Platz in der Mitte der Gesellschaft« zu verhelfen.
Die gebürtige Hannoveranerin war bis zu ihrem Ruhestand 2016 Lehrerin an der Geschwister-Scholl-Schule, stellvertretende Schulleiterin am Keplergymnasium in Tübingen und Studiendirektorin am Albert-Einstein-Gymnasium in Reutlingen. Von 1989 bis 1997 war sie Stadträtin der SPD im Gemeinderat und dann seit 2014 erneut in dem Gremium aktiv. Sie wirkte maßgeblich an der Entwicklung des »Handlungskonzepts Barrierefreie Stadt Tübingen« mit, das die Grundlage für die Unterzeichnung der »Erklärung von Barcelona« im Jahr 2010 war.
»Job Fit« vorangebracht
Von 2000 bis 2017 war Ingeborg Höhne-Mack Vorsitzende der Tübinger Lebenshilfe. Dort brachte sie das Vorhaben »Job Fit« voran, das benachteiligten Gruppen dabei helfen soll, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Unter ihrer Regie entstand außerdem ein Konzept ambulanter Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderung, das zu einem eigenständigen, selbstbestimmten Leben trotz Handicap beiträgt. Seit 25 Jahren arbeitet Höhne-Mack in der Interessensvertretung »Forum Inklusion« mit.
Als Vorsitzende des 2019 von ihr gegründeten barrierefreien und inklusiven Stadtteiltreffs Wanne kümmert sie sich nun verstärkt um die Belange dieses Stadtteils und seiner Bewohner. Gemäß dem von Erich Kästner geprägten Satz und ihrem Lebensmotto: »Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.« (GEA)