TÜBINGEN. Die Stadt Tübingen zieht vors Amtsgericht: Wie die Verwaltung am Montag mitteilte, wolle man eine einstweilige Verfügung gegen »Haus und Grund« Tübingen erwirken. Der Eigentümerverein behaupte, die rückwirkende Grundsteuererhöhung, die der Tübinger Gemeinderat im Juni knapp beschlossen hatte, sei rechtswidrig - was nicht stimme, wie Oberbürgermeister Boris Palmer betont. Ziel des Verfahrens sei es, »die weitere Verbreitung der falschen Behauptung zu untersagen.«
»Wir können nicht hinnehmen, dass durch unbegründete Gerüchte das Vertrauen in die Stadtverwaltung beschädigt und erhebliche Mehrarbeit verursacht wird«, so Palmer weiter. Mittlerweile seien rund 650 Widersprüche gegen die neuen Bescheide eingegangen. Das binde Personal und sei ein unnötiger, bürokratischer Aufwand. Bereits Anfang Oktober sagte Palmer, dass man »für diese Bescheide die höchstmögliche Gebühr erheben« werde. Gefruchtet hat das wohl nicht: Damals waren erst rund 400 Einsprüche im Briefkasten des Rathauses eingegangen.
Saubere Veröffentlichung ist überprüfbar
Konkret argumentiert der Eigentümerverein, dass die Stadtverwaltung die Satzung zur Erhöhung der Grundsteuer nicht ordnungsgemäß veröffentlicht habe und diese daher als ungültig angesehen werden könne. Tübingens OB sieht das aber ganz anders: »Wir haben die Satzung rechtmäßig bekannt gemacht - das ist belegt und überprüfbar.«
Eine Einschätzung, die das Regierungspräsidium (RP) als Aufsichtsbehörde teilt. »Städtische Satzungen sind nach der Gemeindeordnung anzuzeigen«, erklärt die Pressestelle des RP auf GEA-Anfrage. Im Zuge dieser Pflicht habe die Unistadt mitgeteilt, dass die Satzung auf der Website der Stadt am 28. Juni öffentlich bekannt gemacht wurde. »Der Text der Bekanntmachung liegt uns vor.«
Auch seien die Informationen über die Dauer von einem Monat im Internet verfügbar gewesen. »Nach alledem hat das Regierungspräsidium keine Anhaltspunkte für eine mangelhafte Bekanntmachung der Satzung«, lautet der Schluss.
Renommierter Kommunalverfassungsrechtler prüft Sachverhalt
Das wissen auch die Beklagten. »Der Sachverhalt wird derzeit von uns geprüft«, heißt es von »Haus und Grund.« Wie alten Pressemitteilungen des Eigentümervereins zu entnehmen ist, habe man ein »von dritter Seite in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten« erhalten, dass die Änderungssatzung ungültig sei. Daraufhin riet der Verein seinen Mitgliedern, »umgehend Widerspruch« einzulegen.
Im »Interesse der Mitglieder« habe man sich im gleichen Atemzug darum bemüht, ein eigenes Gutachten bei einem »renommierten Kommunalverfassungsrechtler« anfertigen zu lassen - angesichts der Komplexität der Fragestellung, wie in einer Mitteilung vom 30. Oktober steht. Das Ergebnis werde in Kürze vorliegen, schreibt die Vereins-Vorsitzende Dagmar König.
Bereits am 9. Oktober hatte die Stadtverwaltung den Verein aufgefordert, die »falsche Behauptung« zu unterlassen. In der gesetzten Frist zum 24. Oktober hatte »Haus und Grund« daraufhin keine Erklärung abgeliefert - sondern stattdessen die Forderung als »unbegründet« dargestellt. »Damit hat 'Haus und Grund' lediglich aus dem Gutachten zitiert, er hat sich dessen Inhalt nicht zu eigen gemacht.«
Sollte die Klage Erfolg haben, müsste »Haus und Grund« weitere Behauptungen dieser Art unterlassen und von der Homepage nehmen. Zudem fordert die Unistadt »eine öffentliche Klarstellung, dass die Verbreitung der Behauptung, es sei keine Veröffentlichung erfolgt, falsch war«, ergänzt die Verwaltung auf Anfrage. Der Eigentümerverein war nicht rechtzeitig für eine Stellungnahme zu erreichen. Das Verfahren ist für Mitte November angesetzt. (GEA)

