REUTLINGEN. In diesem Jahr fand die gut besuchte Mitgliederversammlung des Vereins »Haus und Grund Reutlingen und Region« auf dem Festgelände Bösmannsäcker statt, um den Gästen Gelegenheit zum Besuch der Messe »Handwerk Energie Zukunft« zu geben. Verschiedene Themen brennen dem Verein derzeit auf den Nägeln.
Die Entwicklung des Vereins mit rund 4.350 Mitgliedern bezeichnete der Vorsitzende Uwe Alle als positiv. Größenmäßig steht Reutlingen an sechster Stelle im Landesverband. Doch könnten die Unkosten nicht mehr durch die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden. »Zum 1. Januar 2026 möchten wir den Jahresbeitrag daher um 20 Euro jährlich erhöhen«, sagte er. Das bedeutet einen neuen Grundbetrag von 80 Euro (mit entsprechender Staffelung nach Anzahl der Wohneinheiten), bei Firmen von 110 Euro. Die Versammlung stimmte mit deutlicher Mehrheit zu. Als neuer Beirat hinzugewählt bis 2026 wurde Kreishandwerksmeister Steffen Mohl.
Julian Wieshoff, Leiter der Geschäftsstelle Reutlingen, betonte in seinem Bericht, die Anforderungen an den Verein stiegen derzeit massiv. »Viele Fragen der Mitglieder stehen im Raum: Was bedeutet die neue Regierung für meine Immobilie? Welche Heizung soll ich einbauen? Wie werden sich meine Mieter verhalten, wenn ich die neue Grundsteuer umlege?« Auf diese Bedarfe reagiere man mit einer Erhöhung der Mitarbeiterstunden, Aufstockung der Mitarbeiterzahl sowie Prozessoptimierung.
Den Gastvortrag »Aktuelle Entwicklungen auf Bundes- und Landesebene« hielt Sebastian Nothacker, Landesvorsitzender des Vereins. »Das Thema Wohnen hat im Land eine zentrale Bedeutung. Zwei Drittel aller Wohnungen werden von privaten Eigentümern vermietet.« Das sei volkswirtschaftlich bedeutend. »Die große Mehrheit verhält sich sozial verantwortungsvoll mit fairen Mieten und langen Verträgen. Der Ausdruck `Miethai´ sei daher völlig fehl am Platz.«
»«Manche denken bereits daran, das Vermieten ganz aufzugeben,»«
Doch jede neue Regelung im Mietrecht gehe zu Lasten der Vermieter. "Manche denken bereits daran, das Vermieten ganz aufzugeben." Die Mietpreisbremse verhindere oft notwendige Sanierungen und Modernisierungen, denn die Vermieter dürften die hohen Kosten nicht auf die Mieter umlegen. "Die neue Koalitionsregierung setzt auf Misstrauen und Kontrolle, doch auch die Kosten für die Vermieter steigen. "Private Vermieter sind jedoch Partner einer sozialen Wohnungspolitik und brauchen faire Rahmenbedingungen."
Bei den Mitgliedern der Haus und Grund herrsche große Aufregung wegen der neuen Grundsteuer seit 2025. »Baden Württemberg hat ein eigenes Modell. Hier spielen nur der Bodenwert und die Grundstücksgröße eine Rolle, die Bebauung ist untergeordnet.« Für ein älteres Haus auf großem Grundstück würde damit dieselbe Steuer entrichtet wie für ein Grundstück daneben, das vollständig mit einem Sechsparteienhaus bebaut sei. Bei 80 Prozent der Eigentümer sei durch die Reform bundesweit die Grundsteuer gestiegen, in Baden Württemberg sei die Belastung am höchsten.
»Viele Gemeinden haben die Reform ausgenutzt, um ihre Einkünfte zu steigern,« so Nothacker. Das stehe im Gegensatz zum erklärten Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. »Besonders schlimm ist es in Tübingen, wo Oberbürgermeister Boris Palmer noch nachträglich den Hebesatz erhöhen wollte.« In Reutlingen komme es zu einer deutlichen Entlastung gewerblicher Grundstücke auf Kosten wohnwirtschaftlich genutzter Grundstücke.
Ein Auflachen der Mitglieder gab es, als der Referent Ministerpräsident Winfried Kretschmann zitierte, nach dem »jemand, der künftig mehr bezahlen muss, bisher zu wenig bezahlt« habe. Haus und Grund habe eine Musterklage erarbeitet, die ersten beiden Klagen wurden abgewiesen, im Herbst werde eine neue Entscheidung erwartet. »Der Verein fordert eine grundlegende Überarbeitung.«
"Neues Landesgrundsteuergesetz ist ein rein grünes Modell.""
»Der Mietspiegel wird uns beschäftigen, weil dadurch die Mietpreisbremse greift«, sagte der örtliche Vereinsvorsitzende Alle. Ihre Verlängerung sei »sehr unerquicklich«. In Reutlingen gebe es einen verstärkten Markt privater Vermieter und der GWG. »Viele erhöhen die Mieten nicht aus einem sozialen Gewissen heraus.«
Das neue Landesgrundsteuergesetz sei seiner Meinung nach »der falsche Weg« und »ein rein grünes Modell«. Es bestrafe all jene, die größere, teilweise unbebaute Grundstücke hätten. Reutlingen habe im Vorfeld der Reform den Grundsteuersatz erhöht. »Ich ermahne die Stadt, zuerst zu schauen, wo sie selbst Kosten sparen kann, bevor sie in die Taschen der Vermieter und Mieter greift.« Bei Projekten wie beispielsweise dem Glasbau in der Oberamteistraße solle man immer auch die laufenden Folgekosten berücksichtigen. Bauvorhaben in der Stadt stagnierten. Private Investoren hätten sich »weitestgehend aus dem Markt zurückgezogen«. Viele Bauträger seien sehr zurückhaltend, der Anreiz fehle. »Es bleibt spannend«, so Alle.