TÜBINGEN. Die Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen hat der Universitätsstadt Tübingen den Gender Award in der Kategorie der Kommunen mit weniger als 100 000 Einwohnern verliehen. Oberbürgermeister Boris Palmer und die städtische Gleichstellungsbeauftragte Luzia Köberlein haben den Preis im Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend in Berlin entgegengenommen. Die diesjährige Schirmherrin des Gender-Awards ist Bundesfamilienministerin Lisa Paus.
»Der Gender Award bestätigt noch einmal, dass Tübingen gleichstellungspolitisch auf einem guten Weg ist«, sagt sich Oberbürgermeister Boris Palmer. »Welche andere Stadt kann schon auf Geschlechterparität im Gemeinderat und auf 45 Prozent Frauen in Führungspositionen der Verwaltung verweisen?«
»Führen in Teilzeit«
»Gleichstellungsarbeit wird in Tübingen von vielen getragen – in Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft. Dieses Engagement wird nun ausgezeichnet«, sagt Gleichstellungsbeauftragte Luzia Köberlein. »Kommunale Gleichstellungsarbeit hat vielfältige Ziele und Aufgaben. Im Tübinger Aktionsplan haben wir sechs Handlungsfelder und 45 Maßnahmen benannt, die wir bis 2024 bearbeiten und umsetzen wollen. Handlungsfelder sind zum Beispiel Erwerbsarbeit und Sorgearbeit, Sicherheit und geschlechtsbezogene Gewalt, politische Partizipation und bürgerschaftliches Engagement oder Wohnen und Leben im Stadtteil. Es freut mich sehr, dass unsere gemeinsame Gleichstellungsarbeit über die Stadtgrenzen hinaus als besonders kreativ und vorbildlich gesehen wird.«
Und das ist die Begründung der Jury für den Gewinn des ersten Preises: Tübingen ist als kleinere Kommune der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern beigetreten und hat einen umfangreichen Aktionsplan zur Umsetzung der Charta vor Ort aufgelegt.
Tübingen hat das Jubiläumsjahr zu 100 Jahren Frauenwahlrecht strategisch genutzt, um die EU-Charta bekannt zu machen und den Gleichstellungs-Aktionsplan vorzubereiten.
Besonders gefallen hat der intersektionelle Ansatz, der die Probleme vielfältiger und sich überschneidender Diskriminierungen und Benachteiligungen aufgreift. Beispielhaft hierfür ist das Forschungs-, Ausstellungs- und Kulturprojekt »Queer durch Tübingen« des Fachbereichs Kunst und Kultur, des Stadtmuseums und des Stadtarchivs.
Als weiteres Alleinstellungsmerkmal sah die Jury das Gender-Mainstreaming in der städtischen Erinnerungskultur. Hier richtet die Stadt den Blick auch auf bisher unterrepräsentierte Gruppen und Gesellschaftsschichten. Anerkennung fand, dass Engagement und Schaffen von Frauen in der Stadt sichtbar gemacht werden, unter anderem auch mit dem Tübinger Komponistinnenfestival, das vom 29. September bis 8. Oktober stattfindet.
Auch die Förderung von Projekten zur Frauengeschichte oder das Vorhaben, mehr Straßennamen nach Frauen zu benennen, wurde positiv hervorgehoben.
Weiterhin spricht für die Gleichstellungsarbeit, dass die Verwaltung ein Führungsverständnis erarbeiten will, in dem »Führen in Teilzeit« zum Thema gemacht wird. Die Jury bewertet dies als Besserung von Beruf und Karriere für Mütter und Väter. (eg)
WAS DER PREIS IST
Der Gender Award rückt kommunale Gleichstellungsarbeit als Fundament einer modernen Gesellschaft in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Er würdigt damit auch die Arbeit, der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, die Geschlech-terungerechtigkeiten benennen und dazu beitragen, dass vor Ort Strategien für gleiche Teilhabechancen und ge-schlechtergerechte Lebens- und Arbeitsbedingungen entwickelt und umgesetzt werden. 15 Kommunen hatten sich um den Preis beworben. (eg) www.tuebingen.de/gleichstellung