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Studie von Forschern aus Tübingen und Luxemburg: So leiden Kinder unter der Pandemie

Kinder und Jugendliche geben an, weniger zufrieden mit dem Leben zu sein.

Leere Klassenzimmer: Der fehlende Kontakt zu Lehrern belastet vor allem Grundschulkinder.  FOTO: PEDERSEN/DPA
Leere Klassenzimmer: Der fehlende Kontakt zu Lehrern belastet vor allem Grundschulkinder. FOTO: PEDERSEN/DPA
Leere Klassenzimmer: Der fehlende Kontakt zu Lehrern belastet vor allem Grundschulkinder. FOTO: PEDERSEN/DPA

TÜBINGEN. Seit der Pandemie geht es Kindern und Jugendlichen in Deutschland deutlich schlechter. Gaben für die Zeit vor der Pandemie mehr als 95 Prozent der Befragten aus Deutschland an, mit ihrem Leben zufrieden oder sehr zufrieden gewesen zu sein, so waren dies für die Zeit während der Pandemie nur noch 53 Prozent. Dies zeigt die internationale Studie »Covid Kids« von Wissenschaftlern der Universitäten Tübingen und Luxemburg. Ein besonders beunruhigendes Ergebnis ist, dass mehr als die Hälfte der befragten deutschen Grundschulkinder während der Schulschließungen vor den Sommerferien fast nie Kontakt zu ihren Lehrpersonen hatte.

Professor Sascha Neumann vom Tübinger Institut für Erziehungswissenschaft und seine Luxemburger Kollegen Claudine Kirsch und Pascale Engel de Abreu befragten im Frühjahr online mehr als 3.000 Kinder und Jugendliche zu ihren Erfahrungen in der Corona-Zeit. Die Befragten kamen aus Brasilien, Deutschland, Luxemburg und der Schweiz und waren zwischen 6 und 16 Jahre alt.

Die Studie ergab, dass die Lebenszufriedenheit der Kinder und Jugendlichen während der Pandemie deutlich zurückging, am stärksten in Brasilien. Auch in Deutschland war der Rückgang stärker als etwa in Luxemburg und der Schweiz. In allen Ländern waren es Freunde und Personen aus dem familiären Umfeld, die den Befragten am meisten gefehlt haben. Angesichts der drastischen Abnahme der Lebenszufriedenheit um 42 Prozentpunkte in Deutschland zeigten sich die Forscher besorgt. »Auch im Vergleich zu früheren repräsentativen Erhebungen ist dies ein enormer Rückgang. In der Regel ergeben sich bei Kindern und Jugendlichen sehr hohe Werte bei der Lebenszufriedenheit«, sagt Neumann.

Auch mit der Schule und dem Umfang, der dort zu erledigenden Aufgaben sind Kinder und Jugendliche seit Beginn der Pandemie weniger zufrieden. Gaben unter den in Deutschland Befragten vor Corona über 90 Prozent an, mit der Schule zufrieden oder sehr zufrieden gewesen zu sein, so sagten dies für die Zeit seit Beginn der Krise nur noch etwas mehr als 50 Prozent. In der Schweiz lag die Zufriedenheit mit mehr als 70 Prozent deutlich höher.

Als besorgniserregend bezeichneten die Forscher, dass 53 Prozent der befragten Grundschulkinder in Deutschland angaben, während der Zeit der Schulschließung fast nie Kontakt zu ihren Lehrpersonen gehabt zu haben. In der Schweiz liegt der unter Grundschülern ermittelte Wert nur bei etwa 18 Prozent. Auch bei den Befragten von weiterführenden Schulen aus Deutschland gaben mehr als 22 Prozent an, fast nie in direktem Kontakt zu Lehrpersonen gewesen zu sein. »Der Aufgabe, wie Lehrpersonen den Kontakt aufrechterhalten, wird man sich stellen müssen, wenn die Schulen wieder zum Wechselunterricht zurückkehren und auch bei Schülern in Quarantäne«, sagt Neumann.

Die Studie zeigt weitere Unterschiede beim subjektiven Wohlbefinden. Mädchen berichteten häufiger, mit ihrem Leben seit der Pandemie unzufrieden zu sein als Jungen. Sie äußerten öfter Sorgen oder negative Gefühle wie Traurigkeit oder Einsamkeit. Dies gilt auch für Kindern mit bildungsfernem Hintergrund.

Die Online-Befragung fand von Mai bis Juli 2020 statt. Neben der Lebenszufriedenheit und den Erfahrungen mit »Homeschooling« erkundigten sich die Forschenden auch nach Veränderungen im Alltag sowie den Gefühlen und Sorgen junger Menschen in der Corona-Zeit. Die Studie orientierte sich am Konzept des subjektiven Wohlbefindens. Zur Beteiligung aufgerufen wurde über soziale Medien sowie Tageszeitungen. Für rund zwei Drittel der Befragten aus Deutschland waren die Schulen bei Teilnahme noch geschlossen.

Das Team untersuchte mehrere potenzielle Faktoren, die das Wohlbefinden beeinflussen. Es zeigte sich, dass Kinder und Jugendliche, die Angst haben wegen Corona zu erkranken, mit höherer Wahrscheinlichkeit eher Sorgen oder negative Emotionen entwickeln. Gerade bei den Befragten in Deutschland ergab sich, dass Kinder und Jugendliche, die ihre eigene Freiheit während der Pandemie als zufriedenstellend erleben, auch mit ihrem Leben insgesamt zufriedener sind. Außerdem fühlen sich Kinder, die sich positiv darüber äußern, wie Erwachsene ihnen zuhören, insgesamt sicherer und auch zuversichtlicher im Hinblick auf ihre eigene Gesundheit.

»Es ist nicht ein einzelner Faktor, der die Unterschiede im subjektiven Wohlbefinden erklärt«, sagt Neumann. »Wichtig ist aber, dass wir in unserer Studie auch solche gefunden haben, die durch das Verhalten von Eltern oder Lehrpersonen beeinflussbar sind.« Die Ergebnisse können einen wichtigen Beitrag leisten, um angemessen mit der Situation von Kindern und Jugendlichen umzugehen. (u)