Logo
Aktuell Evolution

Spektakulärer Fund: »Udo« kommt in Tübingen ins Museum

Die Knochen des Primaten mit dem Spitznamen »Udo« haben bisherige Vermutungen über die Evolution der Menschenaffen infrage gestellt. Als »erster Fußgänger« wurde der Fund aus der Tongrube im Allgäu bekannt. Nun wird »Udo« ein Ausstellungsstück. Zumindest als Kopie.

Rekonstruktion des Schädels der bisher unbekannten Primatenart Danuvius guggenmosi. Der Schädel gehört zu einem Exemplar, das nach dem Musiker Udo Lindenberg benannt wurde. Paläontologen haben in Süddeutschland Fossilien entdeckt, die ein neues Licht auf die Entwicklung des aufrechten Ganges werfen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Rekonstruktion des Schädels der bisher unbekannten Primatenart Danuvius guggenmosi. Der Schädel gehört zu einem Exemplar, das nach dem Musiker Udo Lindenberg benannt wurde. Paläontologen haben in Süddeutschland Fossilien entdeckt, die ein neues Licht auf die Entwicklung des aufrechten Ganges werfen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

TÜBINGEN. Vor knapp drei Monaten drehte die Meldung vom Fund des Menschenaffen »Udo« aus dem Allgäu den Forschungsstand zur Evolution kurzerhand auf links. Nun kommen Rekonstruktionen des Danuvius guggenmosi – des bislang ersten aufrecht gehenden Menschenaffen - ins Museum. Unter dem Titel »Udo. Der erste Fußgänger« will die Universität Tübingen (Baden-Württemberg) einen hautnahen Blick auf das Skelett aus der Tongrube Hammerschmiede bieten, das für Furore sorgte.

Im Zentrum der Schau im Museum der Universität im Schloss Hohentübingen steht von Donnerstagabend bis zum 31. Mai eine etwa einen Meter große Nachbildung »Udos« aus Lehm. Das Forschungsteam um Madelaine Böhme von der Universität Tübingen und vom Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment hatte von 2015 bis 2018 die versteinerten Fossilien der bislang unbekannten Primatenart entdeckt. Arm- und Beinknochen gehörten dazu, Wirbel, Finger- und Zehenknochen auch.

So ließ sich rekonstruieren, wie sich »Udo« vor 11,62 Millionen Jahren fortbewegte - wahrscheinlich sowohl auf zwei Beinen als auch kletternd. Nach Überzeugung Böhmes weisen die Funde darauf hin, dass sich der aufrechte Gang in Europa statt in Afrika entwickelt haben könnte.

»Der Gang von vier auf zwei ist umstritten und sagenumwoben«, sagt Kurator Frank Dürr vor Beginn der Ausstellung. Es sei wahrscheinlich, dass es abgesehen vom Menschenaffen aus dem Allgäu mehrere Ursprünge für diesen Evolutionsschritt gebe. »Aber dieser hier ist hochspannend, weil es derzeit der älteste Fund ist.« Die bis dahin ältesten Belege für den aufrechten Gang sind rund sechs Millionen Jahre alt und stammen von der Insel Kreta und aus Kenia.

»Udo«, der erste gefundene Danuvius guggenmosi, war nur gut einen Meter groß. Der Brustkorb war flach und breit, die Lendenwirbelsäule verlängert, wodurch Danuvius effektiv seinen Körperschwerpunkt über der gestreckten Hüfte und den Knien halten konnte. Die Knochen zeigen mehrere Schlüsselmerkmale, die auf Zweibeinigkeit schließen lassen, wie zum Beispiel eine X-Stellung der Beine. Danuvius konnte auf zwei Beinen gehen, aber auch klettern wie ein Menschenaffe.

Nach der Sonderschau auf dem Schloss Hohentübingen wird »Udo« noch auf Reisen gehen: Die Gemeinde Pforzen (Ostallgäu) plant eine Wanderausstellung zu dem Primatenfund. Voraussichtlich ab März sollen hochwertige Abgüsse der Original-Knochen ausgestellt werden, danach werden diese an verschiedenen Orten im Allgäu zu sehen sein. (dpa/lsw)