TÜBINGEN. Am 22. März war der »Internationale Tag des Wassers« – weil eine sichere Trinkwasserversorgung bis heute nicht selbstverständlich ist. Während Wasserknappheit in vielen Teilen der Welt zum Alltag gehört, kennt Deutschland solche fundamentalen Sorgen beim Aufdrehen des Wasserhahns nicht: Rund 120 Liter frisches und qualitativ hochwertiges Trinkwasser werden beispielsweise in Tübingen pro Person am Tag verbraucht. Mit modernen Leitungssystemen und ausreichend großen Trinkwasserreservoiren tragen die Stadtwerke Tübingen (swt) zu einer konstant hohen Verfügbarkeit des streng kontrollierten Lebensmittels in der Universitätsstadt bei.
Das Herz der Tübinger Wasserversorgung ist der Wassermischbehälter Sand, wo Bodenseewasser und Grundwasser aus dem Neckartal gemischt werden. Mit dem Bau des Wasserbehälters legten die swt Anfang 1953 den Grundstein für die moderne Wasserversorgung in der Universitätsstadt. Seit ihrer Erweiterung um einen großen Mischbehälter im Jahr 1992 ist die Anlage auf dem Sand der zentrale Ort, von wo aus ein Großteil Tübingens mit Wasser versorgt wird.
Mischbehälter löst das Problem
70 Jahre nach der Errichtung des Wassermischbehälters Sand laden die Stadtwerke Tübingen zum »Tag der offenen Tür« auf das Anlagen-Gelände ein. Eine einmalige Gelegenheit, den hinter Bäumen und Hügeln versteckten »besonderen Ort« mit der Pumpenhalle, dem Mischturm und den Speicherkammern zu entdecken. Am Samstag, 25. März von 13 bis 17 Uhr können große und kleine Besucher das Herz der Tübinger Wasserversorgung erkunden: Die 30-minütigen Führungen lassen keine Fragen zum Thema Tübinger Trinkwasserversorgung offen. Eine Ausstellung bietet spannende Informationen rund ums Thema. Auch für Verpflegung ist gesorgt. Mehr Informationen zum Jubiläum, zur Anfahrt und den Führungen gibt es im Internet.
1953 – in dem Jahr, als Tübingen Gründungsmitglied der Bodensee-Wasserversorgung geworden war – wurde auf dem »Sand« ein neuer Wasserbehälter gebaut. Er sollte die Neubaugebiete im Norden der Stadt versorgen. Seit den Nachkriegsjahren hatte es in Tübingen immer wieder Wasserknappheit gegeben, und obwohl 1954 der Brunnen Unteres Neckartal erschlossen wurde, kam das Wasservorkommen der Tübinger Brunnen an seine Grenzen. Die Lösung war der Anschluss an die geplante Fernleitung der Bodensee-Wasserversorgung. Ab 1958 kam erstmals Bodenseewasser in Tübingen an – im Behälter auf dem Sand. Die Mischung aus Bodenseewasser und dem wesentlich härteren Grundwasser des Neckartals sollte das Tübinger Trinkwasser weicher machen. Die vielversprechende Maßnahme erwies sich zunächst als problematisch: Freigesetzte Kohlensäure griff die Leitungen an. Tübingens Wasserversorgung wurde in zwei Bereiche getrennt: eine mit weichem Bodenseewasser, eine mit hartem Eigenwasser, was über Jahrzehnte zu Unmut in der Bevölkerung führte.
Die Lösung für Tübingens Wasserproblem brachte 1992 ein spezieller Mischturm. Um die überschüssige Kohlensäure zu entfernen, werden dem Neckartal-Wasser Luftperlen zugesetzt. So kann das Mischwasser ohne Korrosionsgefahr für das Leitungsnetz befördert werden. Das Eigenwasser und Bodenseewasser werden im Verhältnis eins zu drei zu Mischwasser des mittleren Härtebereichs zwei gemischt. Heute speichert der in den 1990er-Jahren erweiterte Behälter in drei Kammern 6,6 Millionen Liter Mischwasser. Pumpen befördern es über weitere Hochbehälter durch das 500 Kilometer lange Leitungsnetz in verschiedene Stadtgebiete.
Neue Behälter geplant
Dank Wasser sparender Geräte ist der Verbrauch pro Person heute zwar geringer als beispielsweise noch in den 1970er-Jahren – der Anspruch an das Wassernetz wird trotzdem größer: Mit der steigenden Einwohnerzahl werden die Verbrauchsspitzen extremer. Neue Leitungen sollen die Überlastung des Netzes verhindern. Auch mit der sich wandelnden Stadt muss das Wassernetz mithalten. Besonders im Süden ist Tübingen in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsen. Daher soll auf der Anhöhe »Käppele« bei Derendingen ein zweiter großer Trinkwasserbehälter als Gegenspieler für den Wasserbehälter Sand entstehen – mit einem Fassungsvolumen von rund 2.000 Kubikmetern und Kapazität für die Südstadt, Weilheim, Kilchberg und Kreßbach. (eg)