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Palmer: B-27-Ausbau nicht ohne Stadtbahn

OB schreibt an die Abgeordneten aus Tübingen, Zollernalb-Sigmaringen, Hechingen-Münsingen und Balingen

Das Bündnis gegen das Cyber Valley kritisiert OB Boris Palmer.
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Foto: Markus Niethammer
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer.
Foto: Markus Niethammer

TÜBINGEN/HECHINGEN. Mit einem Brief hat sich der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer an die Bundes- und Landtagsabgeordneten aus den Wahlkreisen Tübingen, Zollernalb-Sigmaringen, Hechingen-Münsingen und Balingen gewandt. Anlass sind die besorgten Reaktionen der Abgeordneten auf einen Bericht im Schwäbischen Tagblatt mit der Überschrift »Palmer gegen den Schindhau-Tunnel«.

Darin macht Palmer deutlich, dass er den Ausbau der Bundesstraße mit einem vierspurigen Tunnel untrennbar verknüpft sieht mit dem Bau der Innnenstadtstrecke für die Regionalstadtbahn in Tübingen. Er bittet die Abgeordneten, sich für eine zusätzliche finanzielle Unterstützung der Universität einzusetzen, damit hochempfindliche Geräte, die in Gebäuden nahe der Stadtbahntrasse sind, verlagert werden können.

In seinem Brief holt Palmer noch einmal weit aus in die Geschichte des Straßenbaus in und um Tübingen. »Als ich vor 20 Jahren verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag war, habe ich mit voller Unterstützung meiner Partei und Fraktion gegen den Ausbau der B 27, der B 28 und der B 296 in den heute geplanten Formen gekämpft«, schreibt er. Nichts davon hätten die Grünen durchsetzen können. Wenn alle Ausbauvorhaben wie geplant für eine halbe Milliarde Euro umgesetzt seien, sei Tübingen »in fünf Richtungen mit Bundesstraßen ohne Ortsdurchfahrt angebunden, drei davon im Autobahnstandard: B 27 Stuttgart, B 28 Reutlingen, B 27 Balingen, B 28 Rottenburg, B 296 Herrenberg«.

Zugeständnisse an den Straßenbau gemacht

Die Ökologen, so Palmer weiter, hätten damit wahrlich genug Zugeständnisse an den Straßenbau gemacht. Er selbst aber habe nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister alle diese Vorhaben im Rahmen des großen Verkehrskonsenses stets mitgetragen. Aber: »Das war nur möglich, weil die Verfechter des Straßenbaus in Politik und Wirtschaft vor 15 Jahren ein Zugeständnis gemacht haben: Die anfängliche Ablehnung der Regionalstadtbahn wurde zunächst im Stadtrat Tübingen und dann in allen Gremien der Region überwunden. Unser Konsens beruhte auf der Devise: Beides bauen!«

Diesen regionalen Konsens, »der uns seit langer Zeit fast jeden Streit über Verkehrsprojekte erspart hat«, sieht Palmer nun in Gefahr. Falle die Innenstadtstrecke in Tübingen weg, falle ein zentraler Pfeiler des umweltfreundlichen Verkehrssystems um. Nur die Regionalstadtbahn mit Innenstadtstrecke könne in Komfort und Geschwindigkeit mit einem derart aufgerüsteten Straßennetz konkurrieren und sogar Fahrgäste von der Straße gewinnen.

Eine Frage der Solidarität

Ohne Innenstadtstrecke wäre aus seiner Sicht immer mehr Autoverkehr auf den Einfallstraßen zu erwarten. Für den Klimaschutz in der Stadt sei das verheerend. »Aus diesem Grund«, schreibt Palmer den Abgeordneten, »bin ich der Überzeugung, dass über die Innenstadtstrecke der Regionalstadtbahn nicht isoliert entschieden werden kann. Wenn diese Strecke abgelehnt wird, muss auch der Ausbau der Straßen im Landkreis Tübingen abgespeckt werden. Sonst sind die Umwelt-, Verkehrs- und Klimafolgen des Straßenbaus nicht mehr akzeptabel.« Bund und Land hätten mit ihrer Unterstützung die Finanzierung des Stadtbahnprojekts gesichert in einem Umfang ähnlich wie beim Bau von Bundesstraßen.

In Tübingen habe sich nun aber das spezielle Problem mit den Auswirkungen der Stadtbahn auf Forschungseinrichtungen ergeben. »Wir sind zwar in der glücklichen Lage, dass nach dem nun vorliegenden Gutachten alle Universitätsgebäude ausreichend vor Erschütterung und Strahlungen geschützt werden können, jedoch mit der Ausnahme des Werner-Siemens-Imaging-Center«, das an der Stadtbahntrasse liege.

»Für die Universität ist eine Finanzierung der Kosten einer notwendigen Verlagerung dieser Geräte zwingende Voraussetzung für die Zustimmung der Innenstadtstrecke. Das ist absolut nachvollziehbar«, gibt Palmer den Abgeordneten zu bedenken. »Bitte setzen Sie sich bei Bund und Land dafür ein, dass diese Kosten entweder im Projekt direkt finanziert werden können oder eine Sonderfinanzierung des Landes gewährt wird, die nicht mit den allgemeinen Mitteln der Universität verrechnet wird.« Das sei eine Frage der Solidarität: mit der Stadt, mit den Pendlern, mit der jungen Generation. (GEA)