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Aktuell Engagement

Kusterdinger: Kämpferherz für den Naturschutz

Harald Mohr aus Kusterdingen mit der Landesehrennadel für jahrzehntelanges Engagement ausgezeichnet

Kusterdingens Bürgermeister Jürgen Soltau (links) überreichte Harald Mohr die Landes-ehrennadel.  FOTO: STRAUB
Kusterdingens Bürgermeister Jürgen Soltau (links) überreichte Harald Mohr die Landes-ehrennadel. FOTO: STRAUB
Kusterdingens Bürgermeister Jürgen Soltau (links) überreichte Harald Mohr die Landes-ehrennadel. FOTO: STRAUB

KUSTERDINGEN. Seit über 40 Jahren engagiert sich Harald Mohr aus Immenhausen für den Naturschutz. Er war Gründer und Vorsitzender der Naturschutzbund Deutschland (NABU) Gruppe »Härten« und leistet bis heute jedes Jahr Hunderte ehrenamtliche Stunden im Freischneiden von Hecken, der Biotoppflege, in der Bildung Jugendlicher und der Ansiedlung von Vögeln beispielsweise zuletzt des Steinkauzes.

Bei einer Feierstunde mit 70 Teilnehmern im Klosterhof überreichte ihm Kusterdingens Bürgermeister Jürgen Soltau am Freitag die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg. Vereinsmitglieder blickten auf gemeinsame Tage zurück, fanden viele lobende Worte und nach dem Essen gab es einen Rückblick in Bildern.

Schon als Kind naturbegeistert

»Als wir 1975 nach Immenhausen gezogen sind, habe ich mich zuerst durch Beobachtungsgänge mit der dortigen Natur vertraut gemacht«, erzählte Mohr. Durch die Bundeswehr kam er auf die Alb. Das war allerdings zu seinem Arbeitsort im Reutlinger Rechenzentrum zu weit, deshalb der Umzug. »Ich hatte schon als Kind einen Hang zur Natur und war seit meinem achten Lebensjahr mit dem Förster unterwegs«, sagte Mohr. Ursprünglich sei das sein Berufswunsch gewesen. Nach dem Krieg sei das allerdings damals nur mit »erheblichem Zeitversatz« möglich gewesen.

Daher musste er etwas anders lernen. Nach zweijähriger Handelsschule hätte er in den Bank- und Versicherungsbereich einsteigen können. »Diese Tätigkeiten entsprachen jedoch überhaupt nicht meinem Naturell«, so Mohr. »Mir fehlten die frische Luft und die Freiheit von Wald und Feld.« Also entschied er sich freiwillig für den Dienst bei der Bundeswehr, die ihn zunächst zur Luftlandeartillerie nach Esslingen einberief. In dieser Zeit lernte er auch seine Ehefrau Erika kennen, die das Interesse für den Naturschutz teilte. Bis heute bereitet sie für die NABU-Gruppen das Vesper bei Arbeitseinsätzen vor. »Auf der Alb war ich mit meinem Schwager im Naturschutz quasi als Einzelkämpfer tätig in der Kontrolle von Wanderfalken, Nistplätzen und Uhu- und Milanhorsten«, sagte Mohr. Auch kleinere Feuchtgebiete haben sie überwacht und dem seltenen Raufußkauz Nistkästen zur Verfügung gestellt.

Auch in Immenhausen habe er zunächst alleine begonnen, rasch dann unterstützt von einem Religionslehrer und Jäger, der sich mit einigen Jugendlichen um die Natur kümmerte. »Zwei Bäche durchfließen die freie Landschaft. Auf der einen Seite Streuobstwiesen bis zum Waldrand, auf der anderen Seite sind Wiesen und Felder mit einer feuchten Senke und einzelnen Hecken«, beschrieb Mohr die Natur in der Umgebung.

Eines der ersten Projekte war die Wiederansiedlung der Schleiereulen, deren Population nach schneereichen Wintern in den 60er- und 70er-Jahren zusammengebrochen war. Die Ehrenamtlichen brachten dazu Nisthilfen an Kirchtürmen und Scheunen an. »Der erste Kasten an der Kirche in Immenhausen war innerhalb von drei Wochen belegt und es gab in dem Jahr sogar zwei Bruten mit jeweils fünf Jungvögeln«, berichtete Mohr.

1980 trat Mohr in eine Vorläuferorganisation des heutigen NABU ein. Die Gruppe gehörte zunächst Tübingen an. »Wir wurden fachlich unterstützt, waren aber komplett selbstständig«, so Mohr. Mit den Reutlinger Jägern seien beispielsweise die Biotoppflege und die Neuanlage von Gehölzen intensiviert worden. Die Pflege von Böschungen und Halbtrockenrasen habe zur Ansiedlung seltener Schmetterlingsarten, der Blindschleiche, Käfern, Insekten und neuen Blütenpflanzen geführt.

2003 zog Mohr nach Gomaringen um, 2004 wurde unter seinem Vorsitz die selbstständige Ortsgruppe »Härten« ge-gründet. »Schon früh erfolgte der Kauf einer Feuchtwiese zwischen Immenhausen und Gomaringen als Brutgebiet für Braunkehlchen, Sumpfrohrsänger und Kiebitz«, so Mohr. Denn ohne Biotopschutz sei meist kein sinnvoller Artenschutz möglich.

Für den aktuellen Vorstand der NABU-Gruppe Härten hielt Claudia Kreitlein eine Lobrede auf Mohr. Vor drei Jahren habe er mitgeteilt, es sei »an der Zeit, etwas kürzer zu treten«. Und das sei ernst gemeint, denn er denke überhaupt nicht daran, sein Engagement für den Naturschutz zu beenden.

»Harald Mohr steht für den Naturschutz auf den Härten«, sagte Kreitlein. Er habe sich mit Nachdruck für dessen Belange eingesetzt. Um seinen großen Beitrag indes habe er nie großes Aufheben gemacht. »Er hat unzählige Arbeitseinsätze geplant und organisiert. Manchmal war er der einzige Teilnehmer«, sagte Kreitlein. Derzeit betreue die Gruppe elf Biotope, eines auf Gemarkung Gomaringen und zehn auf Gemarkung Kusterdingen. Mohr sei Mitglied in etlichen Gremien, Arbeitskreisen und Verbänden. Die Nachwuchsarbeit, beispielsweise in der Ganztagsbetreuung der Schloss-Schule Gomaringen, sei ihm immer wichtig gewesen. »Man schützt nur, was man kennt«, sagte Bürgermeister Soltau dazu. Deshalb habe Mohr Kinder und Jugendliche an die Natur herangeführt, aber auch Vorträge organisiert und Broschüren herausgegeben. Immer wieder sei er beispielsweise in der Auseinandersetzung mit Bauern angeeckt und habe ein »dickes Fell« bewiesen. »Harald Mohr hat ein großes Kämpferherz«, sagte Soltau. Der Natur- und insbesondere der Vogelschutz sei ohne ihn auf den Härten nicht vorstellbar. (GEA)