TÜBINGEN. Archäologen der Uni Tübingen haben ein Fundstück aus der Gemeinde Waldstetten im Ostalbkreis als 15 000 Jahre altes Kunstwerk aus der Eiszeit identifiziert. Die Frauenfigur zeigt einen stark vereinfachten Frauenkörper und einen Phallus. Figuren dieser Art sind bereits aus anderen Fundstätten in Europa bekannt.
Geborgen wurde die Figur durch den Amateurarchäologen Adolf Regen. Er hatte den Wissenschaftlern etwa 2 000 Funde übergeben, von denen ein Teil aus dem Magdalénien stammt, einer Kulturstufe zum Ende der Altsteinzeit etwa 18 000 bis 12 000 vor Christus und vom Ende der letzten Eiszeit. Die Figur ist knapp sechs Zentimeter groß und besteht aus Quarzitgeröll, das so auf der Fundstelle nicht vorkommt. Der Form nach entspricht sie den Frauenfiguren vom Typ Gönnersdorf, die nach einer Fundstelle am Mittelrhein benannt wurden und stark stilisiert sind.
So zeigt der Fund aus Waldstetten nur einen Oberkörper ohne Kopf, einen dominanten Mittelteil mit Gesäß und einen verkürzten Unterkörper im Profil. Mit einer umlaufenden Gravierung im oberen Bereich folgt er einer Tradition der zweigeschlechtlichen Darstellung, die aus der europäischen Eiszeitkunst bekannt ist: Die Figur kann gleichzeitig als männliches Geschlechtsteil interpretiert werden.
»Diese Art der Abstrahierung zeichnet die Kunst am Ende der Eiszeit aus. Unser Typ Frauenfigur hat wenig mit den üppigen Venusfiguren aus der früheren Epoche des Gravettien gemein«, sagte Professor Harald Floss von der Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Uni Tübingen. (u)