TÜBINGEN. Der nächste Baustein im Cyber Valley: Tübingen erhält ein Kompetenzzentrum für Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen und ist damit einer von vier Standorten bundesweit, an denen das Bundesforschungsministerium (BMBF) Wissenschaftsprojekte zur Künstlichen Intelligenz bündelt. Im »Tübinger AI Center« (AI: Artificial Intelligence) werden Forschungsgruppen der Universität und des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme arbeiten.
Das Zentrum wird mit rund 6,6 Millionen Euro gefördert, zunächst für vier Jahre. Weitere Kompetenzzentren entstehen in Berlin, Dortmund/St. Augustin und München. Sie sollen in der Strategie der Bundesregierung zur Künstlichen Intelligenz eine wichtige Rolle einnehmen.
»Wir freuen uns sehr über die Förderung und sehen hier eine große Chance, künstliche Intelligenz maßgeblich zu gestalten«, sagt Koordinator Matthias Bethge, Professor für Computational Neuroscience and Machine Learning an der Universität. Wissenschaftler werden hier an neuen Konzepten und Prinzipien forschen, mit denen sich lernende Systeme robuster gestalten lassen. Lernalgorithmen sollen in der Lage sein, erfolgreich mit äußeren und unerwarteten Einflüssen umgehen zu können. Gleichzeitig sollen ihre Reaktionen besser vorhersagbar und transparenter sein.
In der Spitzengruppe
»Intelligenz so zu verstehen, dass wir künstliche Systeme daraus schaffen können, ist eine wissenschaftliche Herausforderung, die auch große Chancen für die Gesellschaft birgt«, sagt Michael Black, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts. »Das neue Zentrum schlägt eine Brücke zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung, wie auch das Konzept der Cyber Valley Initiative. Dies zeigt, dass die Region Tübingen-Stuttgart eine Führungsrolle in der KI-Forschung deutschland- und sogar weltweit eingenommen hat.«
Künstliche Intelligenz brauche robuste Lernalgorithmen, sagt Bethge. Während Menschen auch unter veränderten Bedingungen noch die richtigen Schlüsse ziehen könnten, seien selbst hoch entwickelte Maschinen oft nicht in der Lage, unerwartete oder neue Bedingungen einzuschätzen. Beispielsweise könnten bei Bilderkennungs-Systemen, die in sozialen Netzwerken Gewaltfotos erkennen und deren Upload verhindern sollen, schon kleine Pixelstörungen zu Irritationen führen. Relevantes Material werde dann nicht mehr erkannt und fälschlicherweise als sicher klassifiziert.
Das Tübinger AI Center wird auch missbräuchliche Entwicklungen künstlicher Intelligenz thematisieren und in eigenen Projekten erforschen. So wird sich eine Nachwuchsgruppe mit dem Schutz sensibler Daten beschäftigen. Teil der Arbeit im Tübinger AI Center sollen zudem sogenannte »Benchmarks« sein, Wettbewerbe, die wissenschaftliche Problemstellungen definieren. Forschungsgruppen können sich hier um die beste Lösung bemühen.
Das neue Kompetenzzentrum entsteht im Umfeld des Großprojekts Cyber Valley. Die Uni Tübingen wird hierfür insgesamt mindestens fünf Professuren und zusätzliche Nachwuchsgruppen einrichten. (u)