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Aktuell Streit

Jetzt stellt sich auch Martin Rosemann gegen Boris Palmer

Der Tübinger SPD-Bundestagsabgeordnete beendet die Zusammenarbeit mit Oberbürgermeister Boris Palmer. Auch andere bekannte Politiker meiden den OB wegen seiner Äußerungen nach der tödlichen Attacke auf einen Mann im alten botanischen Garten.

Schröder beschädigt durch sein Tun den Ruf Deutschlands, sagt Martin Rosemann.  FOTO: GROSSE
Der Tübinger Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann (SPD). Foto: Grosse
Der Tübinger Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann (SPD).
Foto: Grosse

TÜBINGEN. Das Tischtuch ist nun auch öffentlichkeitswirksam zerschnitten. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Martin Rosemann hat am Mittwoch verkündet, die Zusammenarbeit mit Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer zu beenden. Für Kommunikation mit dem OB stehe er »nicht mehr zur Verfügung«. Veranstaltungen, bei denen Palmer im Mittelpunkt steht, werde er nicht mehr besuchen. Den Anfang macht er mit dem städtischen Neujahrsempfang.

Es scheint sich um keinen Alleingang zu handeln: Die SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Dorothea Kliche-Behnke hat exakt eine Minute vor Rosemann per Mail verkündet, ebenfalls nicht am Empfang teilzunehmen.

Grund für diese Eskalation sind die Äußerungen des Oberbürgermeisters nach dem Tötungsdelikt im Bota in Tübingen Ende März. Ein 23-jähriger Mann aus Gambia war dort erstochen worden. Palmer hatte sich am Tag nach der Tat in einem Facebook-Posting zur Drogenszene im Bota geäußert, »die vor allem von Geflüchteten aus Gambia betrieben wird«. Außerdem hatte er eine Verwicklung des Opfers in Drogengeschäfte zur Sprache gebracht, später auch Einträge aus der Ausländerakte öffentlich gemacht. Das bezeichnen Rosemann und Kliche-Behnke als rassistisch.

Gab es einen Datenschutzverstoß?

OB Palmers Statement zur Sache fällt recht nüchtern aus: »Es steht einem Abgeordneten selbstverständlich frei, Einladungen anzunehmen oder auszuschlagen. Als OB werde ich immer mit den Abgeordneten des Wahlkreises zusammenarbeiten – soweit sie es wünschen.« Wer Palmers überkommunales Wirken verfolgt, weiß: Meist wendet sich der Tübinger OB mit großen Anliegen sowieso direkt und medienwirksam per Brief an die Zuständigen. Zum Thema Flüchtlinge an Bundeskanzler Olaf Scholz direkt, beim Thema Verpackungssteuer an die Umweltministerin Steffi Lemke.

Rosemann wirft Palmer weiter einen mutmaßlichen Datenschutzverstoß vor: »Zu seiner Verteidigung greift er auf beim Ausländeramt vorliegende Informationen zurück, die ihm zu diesem Zweck vermutlich nicht hätten übermittelt werden dürfen und die in der Öffentlichkeit nichts verloren haben.« Palmer widerspricht dem: »Ich habe die Veröffentlichung dieser Infos aus der Ausländerakte durch das Rechtsamt prüfen lassen.« Das Ergebnis sei gewesen, »dass der Persönlichkeitsschutz dann zurücksteht, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Information besteht«.

Im konkreten Fall sei es für die Stadtgesellschaft notwendig gewesen zu wissen, »dass der Erstochene eine sehr lange und leider sehr gravierende Kriminalitätsvorgeschichte hatte«. Es ist nicht das erste Mal, dass SPD-Mann Rosemann sich öffentlich mit markigen Worten gegen Palmer ausspricht. Mehrfach hat er ihn als Rassist bezeichnet und als untragbar für das Amt des Stadtoberhauptes. (GEA)