PFULLINGEN. »Da hat schon mein Vater gearbeitet.« Dieser Satz war oft zu hören, als beim Tag des offenen Denkmals auch die 1852 gegründete und hundert Jahre später stillgelegte Fadenfabrik Knapp in Pfullingen zu Ehren kam. In den einstigen Fabrikräumen hat Landschaftsarchitektin Professor Waltraud Pustal ihr Büro, dessen Besprechungszimmer sie zu einem Ausstellungsraum umfunktioniert hatte. Zu sehen waren großformatige Fotos, ein Film zur Geschichte des Unternehmens, Transparente und die ehemalige Betriebsordnung.
»Die Fabrik war der zweitgrößte Arbeitgeber in Pfullingen. Das muss man einfach würdigen«, erklärte Waltraud Pustal. Von der Stilllegung bis 1989 war das Gebäude Bettenlager des THW. Die Firmengeschichte hat Pustal akribisch in einem Flyer aufgearbeitet und auch eine Postkartenserie dazu erstellt. Die Professorin war es auch, die drei Damen eingeladen hatte, deren Kunstwerke zum Thema »Faden« mindestens eben so viel Aufmerksamkeit erregten.
»Crazy« nennt sich der Patchwork-Untergrund, auf dem viele verschiedene Stoffe zusammengesetzt wurden. »Mein Kommunionkleid ist dabei und auch das Hochzeitskleid meiner Mutter«, verrät Sabine Staudhammer, die als »Nadelmalerin« darauf mit Seide einen Blumenkranz oder Tiere wie Fuchs, Ente und Hahn stickte. »Allein beim Hahn habe ich 30 verschiedene Farben verwendet.« In ihre Wandbehänge, die durch einen zweiten Patchworkstoff und die zwischen beiden angebrachte Füllung zu »Quilts« wurden, fügte sie auch fein gestickte Kleinbilder afghanischer Frauen ein, die durch den Ankauf finanziell unterstützt werden.
Zur 14-köpfigen Drei-Länder-Patchworkgruppe, die sich seit 18 Jahren monatlich in der Nähe von Ravensburg trifft, gehört auch die gelernte Handarbeitslehrerin Paula Nenning aus Österreich. Bei ihrer japanischen Stickerei »Sashiko«, die auf einen Patchwork-Untergrund aus Kimono-Stoffen aufgebracht wurde, sind die einzelnen Stiche und die Räume dazwischen genauso lang wie ein Reiskorn.
Maria Brunner, gelernte Handweberin aus der Schweiz, zeigte moderne Klöppelarbeiten in Form von dreidimensionalen Blüten oder mit Holzscheiben gestalteten Bildern. Auf einen Quilt brachte sie über 50 verschiedene Klöppelmuster auf. Auch die Ergebnisse eines Kurses waren zu sehen, bei dem die Kunst des Knöpfewickelns vermittelt wurde. Faszinierend bei den größeren Bildern war die Sicht aus einiger Entfernung, bei der Motive dreidimensional hervortraten, aber auch der Blick aus der Nähe, der die manchmal Jahre dauernde feine Arbeit offenbarte.
Am Denkmaltag konnten die Gäste grafische Motive mit Fäden auf Karten zaubern. Auch bei Männern stießen die Handarbeiten auf großes Interesse. »Eigentlich«, erklärte Sabine Staudhammer, »ist Quilten eine Resteverwertung von Stoffen durch Matrosen oder Soldaten, die aus alten Uniformen noch Nützliches herstellten.« (gb)