TÜBINGEN. Die Tübinger Oberbürgermeisterwahl schlägt auch am Montag noch hohe Wellen. 69.000 Menschen waren stimmberechtigt, doch der deutliche Sieg von Amtsinhaber Boris Palmer sorgt bei deutlich mehr Bundesbürgern für Gesprächsstoff. Das zeigt beispielsweise ein Blick auf Twitter, wo der Hashtag #Palmer in den Trends zeitweise sogar auf Platz eins lag. Viral gehen vor allem zwei Themen: Ein Video vom Wahlabend und ein Tweet von heute.
Kritik an AfD-Tweet
Der Berliner Grünen-Abgeordnete Vasili Franco hatte auf dem Kurznachrichtendienst geschrieben: »Mit Boris Palmer hat Deutschland jetzt den ersten AfD-Oberbürgermeister. Traurig!« Kurz darauf löschte er den Tweet und formulierte: »Es ist 2022 und Rassismus ist immer noch kein Ausschlusskriterium.« Er wolle die Debatte nicht weiter anheizen und werde sich öffentlich nicht weiter zu dem Thema äußern, sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Auf Twitter erntete er für seine Worte viel Kritik. »So ein Bullshit, lieber Vasili! Meine Güte«, schrieb etwa der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz. FDP-Politiker Rudi Rentschler kommentierte: »Bei deinem Nachname bist du eher der Faschist.«
Es ist 2022 und Rassismus ist immer noch kein Ausschlusskriterium.
— Vasili Franco (@VasiFranco) October 24, 2022
Palmer-Antwort geht viral
Vielfach geteilt wurde auf Twitter seit Sonntagabend auch ein Interview, das Palmer dem Südwestrundfunk (SWR) kurz nach Verkündung des Wahlergebnisses gab. Moderator Florian Buchmaier fragte: »Von ihren Gegnern hieß es im Wahlkampf, Tübingen brauche keinen Egoshooter im Rathaus. Werden Sie Ihren Stil in der neuen Amtsperiode ändern?« Das alte und neue Stadtoberhaupt reagierte angefressen: »Warum sollte ein Oberbürgermeister, der zum dritten Mal mit absoluter Mehrheit gewählt wurde, seinen Stil ändern? Vielleicht sollten Sie den Stil Ihrer Fragen ändern.«
Sein Gegenüber ignorierte die Spitze und führte das Interview fort. Die Twitter-User fluteten das Netz mit Kommentaren. »Palmer gewinnt in Tübingen und gegen den SWR«, schrieb einer. Ein anderer konstatierte: »Welch eine geniale Antwort.« Warum der OB so angriffslustig reagierte, ist bislang nicht bekannt. Klar ist aber: Palmer wird weiter streitlustig sein. »Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine«, sagte er der dpa und zitierte damit einen Spruch des verstorbenen Altkanzlers Helmut Schmidt (SPD). »Die negative Bewertung des Wortes Streit halte ich für einen schweren Fehler«, sagte Palmer. »Ich finde, diese Partei sollte streiten.«
Bekenntnis zu den Grünen
Zugleich schlug er am Wahlabend aber auch versöhnliche Töne an. Seine Absicht und sein Angebot sei es, für seine Partei mitzuwerben, miteinzutreten und die Werte, die ihm wichtig seien, hochzuhalten. Ökologie sei das einigende Band der Grünen, das werde er künftig wieder stärker hervorheben. Außerdem wolle er bei den Grünen bleiben, obwohl seine Mitgliedschaft bei der Partei derzeit wegen Streitereien um Tabubrüche und Rassismusvorwürfe ruht. (GEA)