TÜBINGEN. Besucherzahl verdoppelt, Angebot ausgebaut: Das Tübinger Stadtmuseum vermeldet eine positive Bilanz und will die Präsentation weiter verbessern. Derzeit arbeitet man an einer Neukonzeption, für die man auf Fördermittel der Bundeskulturstiftung hofft.
Corona hat auch im Kornhaus einiges ausgebremst. Führungen gab’s zeitweise nur in dezimierter Form oder gar nicht. Das Sommerferienprogramm musste stark umgestaltet werden. Die Zahlen aus den Jahren von 2017 bis 2020 zeigen jedoch, dass man den richtigen Kurs eingeschlagen hat.
Eine einfache Maßnahme an der Kasse hat für erheblichen Besucherzuwachs gesorgt. Während andere Museen noch zögern, haben die Tübinger freien Eintritt verfügt. Der Hinweis steht auf der Eingangstür und an allen Fenstern. 2019 kamen daraufhin mehr als 40 000 Besucher. Ein sehr erfolgreicher Test, findet die Leiterin Wiebke Ratzeburg und der Förderverein pflichtet bei. Touristen und Spaziergänger schauen spontan einfach rein und sind dann in der Regel sehr angetan von dem, was sie dort entdecken.
Lotte Reiniger sehr gefragt
Ratzeburg und ihr Team wissen seit Langem: Bloß einige Objekte in die Vitrine zu stellen, ist keineswegs fesselnd. Wer moderne Präsentation erleben will, braucht sich nur im Hölderlinturm umzusehen. Aber auch im Museum in der Kornhaussstraße achtet man darauf, Kenntnisse spielerisch zu vermitteln und alle Sinne anzusprechen.
Eine Besucherbefragung ergab Anregungen für die Dauerausstellung im Kornhaus. Sie soll in den kommenden Jahren umgestaltet werden. Ratzeburg verspricht sich viel von den Kontakten zu Nürnberg. Das Deutsche Spiele-Archiv und die Technische Hochschule liefern Ideen, die man auch in Tübingen berücksichtigen will. Natürlich hängt einiges am Geld. Der Förderantrag bei der Bundeskulturstiftung wird derzeit erarbeitet. Eine Rolle wird auch spielen, wie viel die Stadt Tübingen für die Umsetzung einer Neukonzeption ausgeben will.
Unberührt von der Neukonzeption bleibt die Ausstellung zu Leben und Werk von Lotte Reiniger. »Der Nachlass der Künstlerin beschäftigt uns intensiv«, bestätigt Ratzeburg. Es gebe regelmäßige Anfragen von Wissenschaftlern zur Recherche im Archiv. Eine großzügige Schenkung eines Teil-Nachlasses durch die Familie Happ werde derzeit in den Bestand eingearbeitet.
Gewachsen ist aber nicht nur die Besucherzahl. Seit 2017 sind in Tübingen insgesamt mehr als tausend neue Objekte im Depot dazugekommen. Die Happ-Schenkung und weitere Lotte-Reiniger-Scherenschnitte machen davon einen Teil aus. Beispiele sind aber auch eine hebräische Schreibmaschine, die ab März 2021 in der Dauerausstellung zum Thema »Raubkunst« zu sehen sein wird, oder ein Puppenhaus-Lazarett aus dem Ersten Weltkrieg, das ein Kapitel der Tübinger Stadtgeschichte illustriert. (GEA)