DETTINGEN. Die Dettinger und ihr »Komödle«: Die Beziehung ist seit dessen erstmaligem Auftreten vor nunmehr 45 Jahren eng und wird seither so innig gepflegt, dass nichts daran rütteln kann – auch die Corona-Pandemie nicht. Nach einem Zwischenintermezzo im Frühling ist das Laientheater nun wieder am angestammten Termin im Januar zurück und pflegt in Jahrzehnten liebgewonnene Rituale: Vor der eigentlichen Aufführung unterhalten die »Fleggadudler« im zur Theaterwirtschaft umfunktionierenden Zillenhart-Saal das Publikum bei Maultaschen, Rahmkuchen und Co.
Dann begrüßt »Komödle«-Mitgründer Herbert Buchfink die Zuschauer mit launigen Worten und führt in die eventuell unverständlichen Eigenheiten der schwäbischen Sprache ein. Danach muss das Publikum selbst aktiv werden, und es wird in großer Runde gesungen: »Heute ist Theatertag, so ein Tag wie man ihn mag, alle Sorgen schnell vergisst, weil es bei uns lustig ist«, erklingt es aus weit über 140 Zuschauer-Kehlen.
Fünf Mal ausverkauft
Mehr passen in den Veranstaltungsraum nicht rein, fünf Mal sind die Vorstellungen in Windeseile ausverkauft gewesen – nicht jeder Interessent hat eine Karte bekommen fürs neueste Stück. »Opa, es reicht«, heißt es und bedient sich der klassischen Elemente für Laienspielgruppen: Durch ein Missverständnis kommt es zu unzähligen Irrungen und Wirrungen, nicht jeder sagt die Wahrheit, und am Ende löst sich alles in Wohlgefallen auf. Doch der Weg dahin ist gespickt mit unzähligen amüsanten Szenen, die vom »Komödle« aufgrund der langjährigen Erfahrung in ganz eigener Weise aufgepeppt werden und sich die Dettinger dadurch von anderen Amateur-Ensembles abheben.
Da gibt’s jede Menge Lokalkolorit – auch im Bühnenbild: Das Calverbühl steht wie im richtigen Leben an exponierter Stelle. Aktuelle Themen werden eingebaut wie die Energiekrise mit den Energiesparmaßnahmen, gleichzeitig fallen viele Details nicht sofort ins Auge: Tritt Magda Schäuble in einen rostigen Nagel, »blutet« sie denn auch auf der Fußsohle – Theaterblut sei Dank. Touristin Lore Grabemann klemmt ihrem Ehemann vor dem Essen mehr oder weniger liebevoll eine Serviette ins Hemd und weil auf jede Kleinigkeit geachtet wird, strickt die Oma auch wirklich an einer Kombination aus Socke und Schal.
Jede Menge Lokalkolorit
Sowieso: Thematisch im Mittelpunkt steht beim neuen Stück der Dettinger Laienspieltruppe »Opa, es reicht« zwar der Senior einer Bauernfamilie. Doch das Sagen auf der Bühne haben die Frauen. Karin Buchfink spielt die zickige und auf jeden Cent schauende Magda Schnäbele in Perfektion – sie liegt mit ihrem ungeliebten Schwiegervater im Zwist, da fliegen verbal die Fetzen. Der gibt ihrer Ansicht nach viel zu viel Geld aus, und wenn’s der Maske möglich gewesen wäre, hätten ihr Monika Timm und Renate Torrente sicherlich Euro-Zeichen auf die Augen gesetzt.
Von einer »bauernschlauen, geldgierigen Abzockerin« spricht Städterin Lore Grabemann über sie, herrlich, wie Vanessa Buchfink die kapriziöse Touristin darstellt – selbst der leicht sächselnde Akzent klingt authentisch. Beiden Frauen gemeinsam ist eines: Sie haben ihre Männer im Griff, zu sagen haben die nicht viel – Paraderollen für den erfahrenen Akteur Herbert Buchfink als Paul Schnäbele und den Jung-Schauspieler Tobias Gruner als Heinz Grabemann. Und mit Jutta Brodbeck gibt’s auch noch die Oma, die leicht verwirrt vieles verwechselt und ihre Gedanken nicht immer sortieren kann. Die Rolle ist nicht ohne, denn was die Seniorin sagt, ist oft aus dem Zusammenhang gerissen und nicht logisch – die Rolle ist Jutta Brodbeck auf den Leib geschrieben.
Akteurin und Regisseurin
In ihrer Doppelfunktion als Akteurin und Regisseurin hat sie es einmal mehr geschafft, aus den Laienschauspielern alles rauszuholen und eine Inszenierung aus einem Guss auf die Bühne zu bringen. Zum Ensemble gehören auch Tamara Stanger als Schnäbele-Tochter Sylvia und Alexander Hahn, der als ihr Freund zwar aus Zainingen kommt, aber zunächst einmal einen Italiener darstellen muss. Altersmäßig verjüngt hat sich »Komödle«-Urgestein Herbert Schall: Der 80-Jährige schlüpft mit braun eingefärbtem Haar in die Rolle des deutlich jüngeren Versicherungs- und Staubsaugervertreters Friedhelm Friedrich. Im realen Leben Mitte 50, nimmt man dafür Kai Münzing den Part des 80 Jahre alten Familienoberhaupts absolut ab. Damit die fünf Aufführungen rund laufen, gibt’s mit Roland Gruner und Anja Hahn auch Souffleure. Klaus Hermann ist für Ton, Technik und Kulissen verantwortlich und hat sich einmal mehr ideenreich mächtig ins Zeug gelegt.
Am Ende ein ernstes Fazit
In drei Akten hat das Dettinger »Komödle« bei der Premiere am Mittwoch für allerbeste Unterhaltung gesorgt, zu Lachen gab’s viel, und das Publikum hatte jede Menge Spaß. Doch bei der Verabschiedung am Ende der Komödie wurde ein ernstes Fazit gezogen: Ältere Menschen haben Respekt, Wertschätzung und Anerkennung verdient. (GEA)