Logo
Aktuell Parteien

CDU-Empfang in Tübingen: »Mehrheit schaut von der Ehrentribüne zu«

Ulms OB Czisch sprach beim CDU-Jahresempfang auch über unterschiedliche Betroffenheit von Corona.

Rege Diskussionen beim CDU-Empfang (von links): die stellvertretende Kreisvorsitzende Diana Arnold, Kreisvorsitzender Christoph
Rege Diskussionen beim CDU-Empfang (von links): die stellvertretende Kreisvorsitzende Diana Arnold, Kreisvorsitzender Christoph Naser, Ulrike Ernemann (Tübinger CDU-Vorsitzende), Ulms OB Gunther Czisch sowie CDU-Pressesprecher Armin Mozaffari. FOTO: STURM
Rege Diskussionen beim CDU-Empfang (von links): die stellvertretende Kreisvorsitzende Diana Arnold, Kreisvorsitzender Christoph Naser, Ulrike Ernemann (Tübinger CDU-Vorsitzende), Ulms OB Gunther Czisch sowie CDU-Pressesprecher Armin Mozaffari. FOTO: STURM

TÜBINGEN. Die CDU hatte am Samstag zu ihrem Jahresempfang ins Tübinger Brauwerk Freistil eingeladen. Laut Christoph Naser, Vorsitzender des CDU-Kreisverbands, »ein kleines Fest in Frieden und Freiheit«. Unter den rund 70 Gästen befanden sich auch Kandidaten für den Posten des Oberbürgermeisters – die CDU schickt keinen eigenen Kandidaten ins Rennen. Hauptredner war Gunther Czisch, Oberbürgermeister der Stadt Ulm.

Christoph Naser sieht den Angriffskrieg des russischen Militärs auf die Ukraine als einem Angriff auf demokratische Grundwerte und Institutionen. Applaus gab es für den Zusammenschluss der Jugendorganisationen der demokratischen Parteien im Kreis Tübingen, die fast 5 000 Menschen für eine Solidaritätsadresse an die Ukraine auf dem Tübinger Marktplatz versammelten.

Keine Atempause mehr

»Wir müssen für Vertrauen werben«, forderte Naser alle demokratischen Parteien gleichermaßen auf. Man müsse die komplette Wählerschaft von der eigenen Kompetenz in Zukunftsfragen überzeugen und man müsse weiter strategisch zusammenarbeiten.

Gunther Czisch erinnerte daran, dass er seine Karriere vor 42 Jahren, er war 17 Jahre alt, in der Verwaltung des Ulmer Rathauses begann. »Es ist in der DNA der Leute, dass Ulm eine ehemals freie Reichsstadt war.« Ulm sei insofern ein Sonderfall, weil man mit der in Bayern liegenden Zwillingsstadt Neu-Ulm stets eng kooperiere. Die Stadt beschäftige rund 400 Angestellte und sei als Wissenschafts- und Industriestandort relativ gut durch die jüngste Krise gekommen. Und, mit Verweis auf Tübingen: »Eine Stadt, in der Baustellen sind, prosperiert.«

Czisch merkte an, man lebe aktuell in Zeiten fundamentaler Veränderungen: »Die Krisen folgen immer schneller aufeinander. Es gibt keine Atempause mehr.« Der Ulmer OB ließ durchblicken, dass er wenig Verständnis für Demonstranten gegen Corona-Maßnahmen habe. »Aber ich stehe dazu, dass man bei uns auch Unsinn sagen darf. Wir können es ertragen.«Czisch bemängelte, dass Eigenverantwortung immer weniger wahrgenommen werde: »Wir sind umzingelt von Forderungen und Rechtsansprüchen. Es geht oft nicht mehr ums Gemeinwohl.« Was populär sei, sei jedoch nicht immer vernünftig und nachhaltig. Er sei dagegen, Fahrer großer Autos zu subventionieren.

Der Ulmer Stadtchef kritisierte: »Wir verlieren den Blick für alle.« Wer etwa in einem Entsorgungsbetrieb oder in einer Bäckerei arbeite, könne das nicht vom Homeoffice aus tun. Deren Stimmen würden, etwa wenn es um die Maßnahmen in der Corona-Krise ging, oft übertönt, obwohl sie diejenigen waren, die am meisten betroffen waren: »Die Mehrheit schaut von der Ehrentribüne zu.«

Czisch erinnerte daran, dass sein Amtsvorgänger Ivo Gönner vor zehn Jahren den digitalen Wandel als »Lumpenkruscht« bezeichnet habe. Im Ulmer Rathaus verbinde man Digitalisierung heute immer mit Nachhaltigkeit. Es gehe darum, den Wandel als Chance zu sehen.

Der Ulmer OB betonte die Vorteile der Bürgerbeteiligung. Der Dialog mit den Bürgern habe dazu geführt, dass etwa die neue Straßenbahn, es ging um die Haltestellen, wenig Kontroversen ausgelöst habe. Auch im Bereich Forschung und Weiterentwicklung, etwas im Bereich der Wasserstofftechnik, sehe er die Stadt in der Verantwortung, Risiken einzugehen. Ulm investiere stark in die eigene Infrastruktur und betreibe eine vorausschauende Bodenpolitik: »40 Prozent der Fläche gehört uns.«

Ulrike Ernemann, Vorsitzende des CDU-Stadtkreises bedankte sich für die Rede des Ulmer Stadtoberhaupts und dessen Grundhaltung zur Politik, in der es um die Wertschätzung aller gehe. Sie fügte an: »Auch wir wollen beteiligt werden am Entwickeln kluger Konzepte.« Technologieoffenheit sei für ihre Partei eine wichtige Leitplanke für die Bewerber um den Posten des Oberbürgermeisters. In diesem Punkt, ergänzte Vorstandsmitglied, Armin Mozaffari, habe die Tübinger CDU noch keine Entscheidung getroffen: »Wir schauen uns alle Kandidaten an.« (mac)