Logo
Aktuell Kindlersche Fabrik

Ausstellung in Gomaringen: Geschichte soll erlebbar werden

Dauerausstellung an den Wänden des Gomaringer Dienstleistungszentrums geplant

Frieder Findeisen (links) und Frank Dürr sind für die Geschichtsinszenierung in der Kindlerschen Fabrik verantwortlich. FOTO: WA
Frieder Findeisen (links) und Frank Dürr sind für die Geschichtsinszenierung in der Kindlerschen Fabrik verantwortlich. FOTO: WALDERICH
Frieder Findeisen (links) und Frank Dürr sind für die Geschichtsinszenierung in der Kindlerschen Fabrik verantwortlich. FOTO: WALDERICH

GOMARINGEN. Das künftige Gomaringer Dienstleistungszentrum ist nicht irgendein Gebäude im Dorf. Es ist das erste große Zeugnis der Industrialisierung in Gomaringen. Viele haben in der Kindlerschen Fabrik gearbeitet und können sich noch erinnern, wie es im großen Nähsaal der Mieder- und Unterwäschefabrik in der Bahnhofstraße ausgesehen hat. Die Geschichte dieses für den Ort so wichtigen Gebäudes soll auch im künftigen Rathaus erlebbar bleiben. Der Kulturwissenschaftler Frieder Findeisen und Frank Dürr haben sich dafür einiges ausgedacht.

Eine »kulturhistorische Inszenierung« – so beschrieben die beiden ihr Vorhaben. Dazu hat Findeisen Gespräche mit Zeitzeugen geführt, hat das Stadtarchiv Reutlingen zurate gezogen, arbeitete mit dem Geschichts- und Altertumsverein und der Ilse-Graulich-Stiftung zusammen. Kurz: »Er recherchiert wie ein Irrer«, beschreibt es Dürr in der Gemeinderatsitzung. Findeisen kann dabei auf gute Gomaringer Kenntnisse zurückgreifen. Seit zwei Jahren ist er Kurator für das Gustav-Schwab-Museum im Schloss.

»Vielleicht kommt mal die ein oder andere Schulklasse vorbei«

Die Ausstellung in der künftigen Ratsfabrik soll 57 000 Euro kosten. Das Geld kommt aus dem Reservetopf für das Dienstleistungszentrum. »Einzigartig in der Region«, so beschriebt Bürgermeister Steffen Heß die geplante Inszenierung. Geschichte werde hier erlebbar gemacht. Nicht nur für die Besucher des Rathauses. »Vielleicht kommt auch mal die ein oder andere Schulklasse vorbei.«

Für die optische Darstellung hat sich Findeisen Dürr von der Tübinger Agentur Acameo ins Boot geholt. Einen ersten Entwurf für eine Beispielwand gibt es auch schon: Das Leben und Wirken von Ilse Graulich soll auf einer 6,5 auf drei Meter großen Wand im Erdgeschoss dargestellt werden. Graulich sei in ihrem ganzen Leben mit der Fabrik verbunden gewesen, erzählt Dürr. Über die Ilse-Graulich-Stiftung wirke ihr Leben bis zur Gegenwart. Die beiden Ausstellungsmacher denken an zehn bis zwölf Stationen, die in drei Abteilungen untergliedert sind. In der ersten Abteilung sollen Personen wie Ilse Graulich dargestellt werden, die aus dem Umfeld der Kindlerschen Fabrik nicht wegzudenken sind. Die zweite Abteilung ist den beiden Weltkriegen gewidmet, in der dritten soll die Geschichte des Gebäudes und seine Verwandlung zur Ratsfabrik gezeigt werden.

Die Illustrationen werden ähnlich wie eine Tapete direkt an die Wände angebracht. Das Trägermaterial ist Affichenpapier, das gegen Witterung und UV-Strahlung beständig ist. »Es ist unkaputtbar«, sagt Dürr.

Mit kleinen Texten werden die jeweiligen Themen auf den Bildwänden angerissen. Dazu kommen Fließ- und Bildtexte sowie Zitate zur Vertiefung. Alles wird vor der Kulisse des Fabrikgebäudes erzählt. Die Illustratorin Sonja Hülskämper hat in ihren Entwurf auch die Fenster der Kindlerschen Fabrik aufgenommen. Als Schrift wurde die Akzidenz aus dem Jahr 1898 gewählt »Sie ist sehr alt und trotzdem sehr modern«, sagt Dürr. Und sie stamme aus der Epoche der Kindlerschen Fabrik.

Die Ausstellung wird über das ganze Haus verteilt sein. An einigen Stationen sollen Originalobjekte in Glaskuben dazu gefügt werden. Auch Hörstationen mit Zeitzeugen-Interviews sind vorgesehen. Findeisen will auch die Radioproduktion von Gustav Gräter, die einst in der Kindlerschen Fabrik untergebracht war, aufgreifen. Das Fenster, aus dem Gustav Gräter senior die Radioproduktion seines Sohnes warf, kann allerdings nicht mehr für die Ausstellung verwendet werden. Entgegen anderslautenden Gerüchten ist es nicht auffindbar. Sollte aber tatsächlich ein Gomaringer Radio im größten jemals gebauten Luftschiff eingesetzt worden sein, wie es schon im Gomaringer Heimatbuch des Kreisarchivars Wolfgang Sannwald steht, dann werde das mit Sicherheit thematisiert werden, sagt Findeisen.

Das Konzept steht, die Inhalte sind noch offen. Findeisen steckt mitten in der Recherche und hofft auf weitere Hinweise aus der Bevölkerung. Die Unterstützung vonseiten des Gemeinderats haben die beiden Ausstellungsmacher jedenfalls. Das Gremium unterstützte am Dienstagabend einstimmig den Entwurf. Bis zur Eröffnung des Dienstleistungszentrums im Januar soll alles fertig sein. (GEA)

 

GESCHICHTEN GESUCHT

Frieder Findeisen und Frank Dürr arbeiten derzeit an den Inhalten für die Inszenierung in der Kindlerschen Fabrik. Dafür werden bis 29. März noch Geschichten, Anekdoten, Bilder und Dokumente aus dem Umfeld der Firma Kindler gesucht. Von Interesse sind auch Erinnerungen an die Fabrikantenfamilien Kindler, Graulich, Gräter oder an die Radiopioniere Stavo Gräter und Martin Kern. Infos nimmt Gemeindemitarbeiterin Angela Hammer entgegen. Die Agentur Acameo hat eine E-Mail-Adresse eingerichtet. (iwa)

07072 912731

dlz@acameo.de