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Auftritt von Boris Palmer in Ungarn: Uni Tübingen spricht von Verwechslung

Da war Tübingens Oberbürgermeister Palmer wohl falsch beraten. Sein geplanter Auftritt an einer umstrittenen Einrichtung in Ungarn geht auf eine Empfehlung eines Professors zurück, der dies nun zurücknimmt. Doch Palmer reist trotzdem.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. Foto: Jan-Philipp Strobel/DPA
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer.
Foto: Jan-Philipp Strobel/DPA

TÜBINGEN.Der geplante Auftritt von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer am Budapester Mathias-Corvinus-Collegium (MCC) geht nach Darstellung der Universität Tübingen auf eine falsche Empfehlung eines Professors zurück. Reinhard Johler, Direktor des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft, hatte die Stadtverwaltung Ende 2022 hinsichtlich der Reise beraten. Dabei sei es zu einer Verwechslung gekommen, teilte die Universität am Mittwoch mit. Der geplante Auftritt steht in der Kritik, weil das MCC eng mit der Regierung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban verbunden ist.

Laut Universität war Johler davon ausgegangen, dass die Budapester Corvinus-Universität das Ziel der Reise sei, nicht das Mathias-Corvinus-Collegium. »Eine Überprüfung des Mailverkehrs aus dem Dezember 2022 brachte das Missverständnis nun an den Tag. Bei der Corvinus-Universität handelt es sich um eine international angesehene Einrichtung. Die Rolle des MCC sieht Professor Johler dagegen außerordentlich kritisch«, hieß es in einer Mitteilung.

Die Universität Tübingen und Professor Johler bedauern nun, dass es zu dem Missverständnis gekommen ist. »Es tut mir außerordentlich leid, dass ich mir im Dezember des letzten Jahres für den Sachverhalt nicht mehr Zeit genommen habe«, sagte Johler laut einer mit der Universität abgestimmten Stellungnahme. »Meine Einschätzung wäre deutlich anders ausgefallen und hätte möglicherweise Herrn Palmer auch zu einer anderen Entscheidung geführt.«

Palmer zeigte sich von den neuesten Entwicklungen überrascht. Sinn und Zweck der Konsultation der Universität sei es gewesen, die Entscheidung über eine Annahme oder Absage der Einladung des Deutsch-Ungarischen Instituts auf fundierter Grundlage zu treffen. »Einem fachkundigen Rat, die Einladung auszuschlagen, wäre ich daher sofort gefolgt.« Die Teilnahme nur eine Woche vor der Veranstaltung abzusagen, sei allerdings unverhältnismäßig. »Die Kritik am Veranstalter umfasst nicht den Vorwurf des Rechtsextremismus, der eine Absage auch jetzt notwendig machen würde. Den Dialog mit anderen politischen Auffassungen in Europa zu suchen, die in Ungarn oder Polen mehrheitsfähig sind, halte ich grundsätzlich für richtig.«

Geplant ist, dass Palmer vom 5. bis 7. September nach Ungarn reist. Ein Programmpunkt ist der Vortrag auf Einladung des Deutsch-Ungarischen Instituts, das zum MCC gehört.

Das MCC hatte den Auftritt Palmers und seinen Vortrag mit dem Titel »Über die grüne Grenze« am 5. September bereits vorige Woche angekündigt. Das MCC gilt als Kaderschmiede der Regierung des Rechtspopulisten Orban. Die Bildungseinrichtung und Denkfabrik importiert unter anderen Ideen ultra-rechter Publizisten aus den USA, deren Schriften sie in ungarischer Übersetzung veröffentlicht. Zugleich arbeitet das MCC an der internationalen Vernetzung rechts-konservativer und ultra-rechter Aktivisten und Bewegungen.

Vorsitzender des Stiftungsrats des MCC ist Balazs Orban, der - mit dem Regierungschef nicht verwandte - politische Direktor des Ministerpräsidentenamtes. Stiftungsrat und Führungsspitze des MCC sind mit handverlesenen Orban-Loyalisten besetzt.

Orban fährt eine aggressive Asylpolitik, die Metallzäune an den Grenzen, die Nichtanerkennung von Asylgründen und widerrechtliche Rückschiebungen vor allem nach Serbien einschließt. Der Europäische Gerichtshof hat Ungarn deshalb mehrfach verurteilt. (dpa)