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Wie die EU-Wahl funktioniert - und wie es danach weitergeht

Am kommenden Sonntagabend stellt sich heraus, wie das EU-Parlament in den nächsten Jahren zusammengesetzt ist. Doch warum ist die EU-Wahl so wichtig? Fragen und Antworten.

Europaparlament
Das Europäische Parlament ist einer der zentralen Gesetzgeber in Europa. Foto: Jean-Francois Badias/DPA
Das Europäische Parlament ist einer der zentralen Gesetzgeber in Europa.
Foto: Jean-Francois Badias/DPA

BERLIN. Der Ausgang der Europawahl wird die Gesetzgebung auf dem Kontinent für die kommenden fünf Jahre bestimmen. Zwischen 6. und 9. Juni wählen Bürgerinnen und Bürger aus allen 27 EU-Ländern die Abgeordneten, die sie im Europäischen Parlament repräsentieren sollen.

Wer darf wählen?

Rund 360 Millionen Menschen in allen EU-Mitgliedstaaten dürfen bestimmen, von welchen Politikern oder Politikerinnen sie in den nächsten fünf Jahren vertreten werden. In Deutschland können rund 65 Millionen Wahlberechtigte am Sonntag (9. Juni) im Wahllokal einer Partei oder politischen Vereinigung ihre Stimme geben. Auch per Briefwahl war das möglich. Anders als bei Bundestagswahlen gibt es bei Europawahlen keine einzelnen Wahlkreise.

Um wählen zu dürfen, muss man hierzulande mindestens 16 Jahre alt sein. Anders als in Deutschland gibt es in Belgien, Bulgarien, Luxemburg, Griechenland und Zypern eine Wahlpflicht. Diese gilt auch für Deutsche, die in einem dieser Staaten zur Abstimmung zugelassen sind.

Wer steht zur Wahl?

Wahlberechtigte in Deutschland können nur eine der 35 nationalen Parteien und politischen Vereinigungen wählen. Davon treten 33 in allen Bundesländern an. Die CSU geht nur in Bayern ins Rennen, ihre Schwesterpartei CDU stattdessen in den anderen 15 Ländern. Die Parteien haben in der Regel auch Spitzenkandidaten aufgestellt, bei der CDU ist das die derzeitige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und bei der SPD die frühere Bundesministerin Katarina Barley.

Auch deutsche Kleinstparteien haben eine Chance auf den Einzug ins EU-Parlament, denn sie müssen bei dieser Wahl keine vorgegebene Prozent-Hürde erreichen. Die Wahlverfahren variieren je nach Land, prinzipiell gilt aber: Je mehr Stimmen eine Partei bekommt, desto mehr Sitze hat sie am Ende im Parlament.

Was sind die anderen EU-Organe?

Das EU-Parlament ist einer der zentralen Gesetzgeber in Europa. Daneben gibt es den Rat der EU-Staaten. Die Staaten tagen fast ständig auf Ebene ihrer Botschafter, regelmäßig auf Ebene der Fachminister (Ministerrat) und etwa alle drei Monate bei den EU-Gipfeln der Staats- und Regierungschefs. Den Ratsvorsitz übernimmt jedes halbe Jahr ein anderes EU-Mitglied: Auf Belgien folgt in der zweiten Jahreshälfte 2024 Ungarn.

Die EU-Kommission wiederum ist eine Art Kabinett mit jeweils einem Vertreter oder einer Vertreterin aus jedem Mitgliedstaat. Deutschland wird dort in der aktuellen Legislatur von Kommissionspräsidentin von der Leyen repräsentiert. Die Kommission schlägt Gesetze vor und überwacht deren Einhaltung in den Mitgliedstaaten.

Wer sitzt im Europaparlament?

Im EU-Parlament, das im belgischen Brüssel und im französischen Straßburg tagt, kommen die gewählten Abgeordneten aus allen EU-Ländern zusammen. Sie sollen die Interessen der mehr als 450 Millionen Menschen in Europa vertreten. Nach dieser Wahl dürfen 720 Abgeordnete Platz nehmen - 15 mehr als zuletzt.

Deutschland stellt als bevölkerungsreichstes EU-Land mit 96 Abgeordneten den größten Block, die wenigsten haben Zypern, Luxemburg und Malta mit jeweils 6. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl sind die Deutschen unterrepräsentiert, weil jede und jeder Abgeordnete mehr Menschen vertritt als ihre Kollegen und Kolleginnen aus einem kleineren Land. Im Parlament haben die Stimmen der Abgeordneten dasselbe Gewicht - ganz gleich wie viele Einwohner ihres Landes sie vertreten.

Wie organisieren sich die Politiker?

Die meisten EU-Abgeordneten verteilen sich mit politisch Gleichgesinnten auf Fraktionen - aktuell gibt es sieben. Eine Fraktion muss mindestens 23 Parlamentarier aus wenigstens sieben EU-Staaten vereinen. Fraktionen haben verschiedene Vorteile: Sie haben ein gewichtiges Wort bei der Aufstellung der Tagesordnung, ihre Mitglieder haben mehr Redezeit in Debatten und auch höhere finanzielle Mittel. Parlamentarier können aber auch fraktionslos bleiben.

Für die konkrete parlamentarische Arbeit gibt es Ausschüsse und Unterausschüsse. Dort kommen Fachpolitiker der verschiedenen Fraktionen zusammen und verhandeln über die jeweiligen Themengebiete wie Auswärtige Angelegenheiten, Haushalt, Wirtschaft und Währung, Verkehr oder Bildung.

Warum ist das EU-Parlament für Deutschland wichtig?

Da auf EU-Ebene auch die EU-Staaten maßgeblich an der Gesetzgebung beteiligt sind, ist der Einfluss der Abgeordneten auf neue Gesetze zwar etwas beschränkt, aber dennoch erheblich. Sie müssen zahlreichen neuen Regeln zustimmen und können sie auch verhindern. Gesetze und Regeln, die in Europa beschlossen werden, haben direkte Auswirkungen auf die Menschen und Unternehmen in Deutschland, da sie in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Auch bei der Verteilung von Geldern, wie beispielsweise der milliardenschweren EU-Agrarförderung, hat das Parlament ein entscheidendes Wort mitzureden.

Wie geht es nach der Wahl weiter?

Die neugewählten Abgeordneten werden in der Regel Fraktionen bilden, die dann zur ersten Plenarsitzung am 16. Juli feststehen. An diesem Tag beginnt die neue Legislaturperiode. Nach der konstituierenden Sitzung werden die Ausschüsse ihre ersten Sitzungen abhalten, um ihre jeweiligen Vorsitzenden zu wählen.

Nach der EU-Wahl wird es auch eine neue Kommission geben. Und bei der hat das EU-Parlament auch eine gewisse Mitsprache. Zunächst werden die EU-Staats- und Regierungschefs Verhandlungen beginnen, wer künftig die EU-Kommission führen soll. Bei der Besetzung dieses Postens haben sie offiziell das Vorschlagsrecht, das Parlament muss anschließend mehrheitlich zustimmen.

Danach wird das Parlament auch die Vorschläge für die Kommissionsmitglieder genau unter die Lupe nehmen. Der Prozess wird bis Herbst dauern, dann müssen die Abgeordneten entscheiden, ob sie der Zusammensetzung der Kommission als Ganzes zustimmen. (dpa)