REUTLINGEN. Die Fans des VfB Stuttgart können es kaum erwarten, dass ihr Club am Samstag in der Bundesliga wieder um Punkte kämpft. Um 15.30 Uhr treten die Schwaben bei Union Berlin an. Der GEA hat sich vor dem Auftakt bei Fans aus der Region umgehört, was möglich ist, welcher Spieler besonders wichtig wird und womit der Aufschwung der vergangenen Jahre zu tun hat.
Die wichtigste Frage ist wohl, was der amtierende DFB-Pokalsieger in diesem Jahr leisten kann. »Ich glaube, es ist total viel möglich«, sagt der Reutlinger Aaron Schmid (25) mit Blick auf die Bundesliga-Runde und sieht seinen Herzensverein, zu dem er seit Kindheitstagen eine enge Bindung durch seinen Vater entwickelt hat, unter den besten vier Teams. Genauso denkt auch Moritz Sautter (26), der mit einem Champions-League-Platz rechnet und die Konkurrenz geschwächt sieht. »Leverkusen ist aus dem Weg und auch die Bayern-Versager holen nichts auf dem Transfermarkt«, stichelt der Eninger, der für sein Studium in Stuttgart lebt, ein wenig.
Auf Platz fünf tippt der Mitgründer eines offiziellen Fanclubs des Vereins, Paul Lawrenz (25). Etwas verhaltener ist Roberta Rödler (21) aus Rommelsbach, die dem Team von Sebastian Hoeneß mit der Familie schon in diverse Länder hinterher reiste und bei jedem Heimspiel dabei ist. Sie stellt fest, dass die Erwartungshaltung in der breiten Bevölkerung extrem gestiegen ist, betont aber: »Unter den VfB-Fans ist man eher vorsichtig.« Ihre Gedanken: »Erst mal die 40-Punkte-Marke schaffen«, um mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben und dann »auf einen einstelligen Tabellenplatz hoffen«. Schließlich sei man vor drei Jahren um ein Haar abgestiegen. Was das internationale Geschäft angeht, bleiben die Prognosen vage – frei nach dem Motto: einfach mal schauen, was geht.
Als den wichtigsten Faktor des Aufschwungs bei den Schwaben nennen alle Sebastian Hoeneß. »Selten hing der Erfolg eines Vereins so eng mit dem Trainer zusammen, wie aktuell beim VfB«, denkt Schmid. »Er hat ein goldenes Händchen.« Sautter präzisiert: »Seine Persönlichkeit, sein taktischer Ansatz, wie er Spieler entwickeln kann, ist einmalig.« Als weiteren wichtigen Baustein des starken Laufes bringt Lawrenz Sportchef Fabian Wohlgemuth und die neue Ausrichtung in der Kaderplanung ins Gespräch. »Es ist wichtig, dass man wieder mehr auf junge und entwicklungsfähige Spieler setzt. Nicht mehr auf Zugänge wie Gonzalo Castro oder Holger Badstuber.« Gerade in Kombination mit Hoeneß sei diese Marschroute perfekt. Positiv bewertet Rödler die Führungsetage des Clubs. »Endlich herrscht wieder eine Ruhe im Verein.« Sie stellt fest, dass die Kluft zwischen Verein und Fans durch ein nahbares Auftreten der Bosse spürbar kleiner geworden ist.
Mehr Begeisterung in der Stadt
Das sorgt für Euphorie. Sautter berichtet von mehr Begeisterung in der Stadt Stuttgart selbst. Rödler freut sich über eine anerkennendere Wahrnehmung als Anhängerin. »Man wird nicht mehr so oft belächelt und bekommt weniger dumme Sprüche reingedrückt.«
Froh sind im Übrigen alle, dass das leidige Thema um Shootingstar Nick Woltemade vorläufig ein Ende gefunden hat. »Er ist im Umfeld des VfB genau richtig, nicht in München«, sagt Schmid. Bei den Schwaben könne sich der großgewachsene Edeltechniker besser weiterentwickeln, weil er mehr Einsatzzeit bekomme. »Ich denke, dass er an seine Leistungen der Vorsaison anknüpfen kann.« So auch Lawrenz, der allerdings die negative Außendarstellung während der Transfer-Saga selbst als VfB-Fan nicht immer verstehen konnte. »Es ist verständlich, dass er über einen Wechsel nachdenkt, wenn er mehr als das dreifache verdienen könnte. Jeder von uns würde das auch tun.« Trotzdem habe er sich professionell verhalten und nicht gestreikt - auch das habe es ja schließlich schon gegeben.
Unterschiedsspieler Angelo Stiller
Als den Unterschiedsspieler im Kader schlechthin machen die Fans Angelo Stiller aus. »Er ist der linke Fuß von Hoeneß auf dem Platz. Ich bin überrascht, dass nach den Gerüchten um einen Wechsel zu Real Madrid sonst wenig kam«, berichtet Sautter. Insgesamt sei die Mannschaft personell gut aufgestellt, sind sich alle einig. »Mit Alexander Nübel, Jeff Chabot, Angelo Stiller und Deniz Undav ist die wichtige Achse geblieben«, sagt Lawrenz. »Die werden die Mannschaft mitziehen.«
Ein wenig schmerzen tut der Abgang von Mittelfeldmann Enzo Millot. »Er war von enormem Wert«, so Schmid. »Mit seiner Technik und den kreativen Momenten konnte er immer wieder den Unterschied machen«, denkt Sautter. Deshalb wäre ein weiterer Zugang im offensiven Mittelfeld wünschenswert, sind sich die Fans einig. Findet dann auch noch Undav zur Form aus seinem ersten Jahr zurück, könne ja fast nichts schiefgehen. (GEA)



