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Nationalmannschaft: Löw beraubt Team seiner Stärke

Zwangspause
Bundestrainer Joachim Löw. Foto: Federico Gambarini
Bundestrainer Joachim Löw.
Foto: Federico Gambarini

Es wäre zu einfach, die deutliche Niederlage der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Niederlande allein mit den Schwächen in der Abwehr zu begründen. Gewiss zeigte der »Oranje«-Express die Grenzen von Nico Schulz, Jonathan Tah, Lukas Klostermann, aber auch von Niklas Süle auf. Der Münchner war aufgrund seiner Präsenz und Zweikampfstärke bisher der Trumpf in der Defensive. Doch machte Hamburg deutlich, dass er in Sachen Stellungsspiel noch viel lernen muss. Und dass er nicht der Schnellste ist, war keine neue Erkenntnis.

Die Schwächen der Hintermannschaft hätten allerdings durch eine Flucht nach vorn kompensiert werden können. So wie im Hinspiel in Amsterdam, als die jungen Wilden von Joachim Löw durch ihre Offensiv-Stärke zum Sieg gestürmt waren. Doch wich der Bundestrainer von dieser Marschroute, die das Team stark gemacht hatte, diesmal völlig ab. Obwohl seine Elf in den vergangenen zwölf Monaten bereits drei Mal gegen Virgil van Dijk & Co. gespielt hatte und die Spielstärke der Niederländer sattsam bekannt war, verordnete Löw seinem Team eine Defensiv-Taktik, die verwunderte. Vor einer Fünfer-Kette spielten die ebenfalls sehr tief stehenden Toni Kroos und Joshua Kimmich – insgesamt waren nicht weniger als sieben (!) Mann für die Tor-Abriegelung zuständig.

Durch diese Tor-Verhinderungs- und Konter-Ausrichtung beraubte Löw das Team seiner offensiven Stärken. Und er hatte auch keinen Plan B parat, als die Niederländer in der zweiten Halbzeit wieder einmal mächtig aufdrehten.

Der Bundestrainer wollte nur die Mängel in der Umsetzung, nicht aber die taktische Vorgabe als Problem sehen. Dass er in Sachen Selbstvertrauen der Spieler Defizite erkannte, verwundert nicht. Wie sollen Spieler selbstbewusst zu Werke gehen, wenn sie eine im Nationalteam bisher völlig ungewohnte taktische Ausrichtung mit Leben füllen müssen? Gerade ein junges Team, das sich im Umbruch befindet, braucht Führung durch den Trainer. Er muss die Richtung vorgeben. Aber eine, die zur Mannschaft passt. Andernfalls trägt er nur zur Verunsicherung bei.

 

frank.pleyer@gea.de