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Aktuell Luftreinhaltung

Wie Reutlingen Dieselfahrverbote verhindern will

»Dächle«, photokatalytischer Anstrich, Umweltspur: Stadt informiert heute im Ausschuss über Wirkung der zusätzlichen Maßnahmen. RSV meldet Erfolge

Mehr Tickets, mehr Fahrgäste: Das »Lead-City-Programm« wirkt.ARCHIVFoto: PACHER
Mehr Tickets, mehr Fahrgäste: Das »Lead-City-Programm« wirkt.ARCHIVFoto: PACHER
Mehr Tickets, mehr Fahrgäste: Das »Lead-City-Programm« wirkt.ARCHIVFoto: PACHER

REUTLINGEN. Was bringt der Abbau des »Dächles« an der Messstation Lederstraße-Ost? Was der photokatalytische Fassadenanstrich? Und wie würde sich die Spurreduktion auf der Lederstraße auswirken? Die Prüfaufträge für ergänzende kommunale Maßnahmen, mit denen die Stichkstoffdioxidwerte weiter gesenkt werden sollen, sind teils abgearbeitet. Die Verwaltung informiert heute im Bauausschuss über die Ergebnisse.

Wegen der notorischen Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte muss Reutlingen nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg bekanntlich mit einem Dieselfahrverbot rechnen. Stadtverwaltung und Gemeinderat wollen das unbedingt verhindern – mit kurzfristig wirksamen Maßnahmen, die das Vorhabenpaket des Luftreinhalteplans ergänzen. Verschiedene Vorschläge von Gemeinderat und Verwaltung standen zur Diskussion, die von Experten genauer unter die Lupe genommen wurden.

Ganz vorne dran das berühmte »Dächle«, das Lärmschutzbauwerk neben der Messstation Lederstraße-Ost, von dessen Entfernung sich viele eine bessere Durchlüftung und damit niedrigere Stickstoffdioxidwerte an der Messstelle erhoffen. Aus dem Lärmschutzgutachten, das die Stadt in Auftrag gegeben hat, geht hervor, dass Ersatz her muss. Vorgeschlagen wird eine 8,4 Meter lange, zurückversetzte Lärmschutzwand. Abriss, Neubau und Schallschutzfenster für die angrenzenden Wohnungen würden etwa 350 000 Euro kosten. Damit könnten dann zwar die Schadstoffwerte am »Referenzmesspunkt« Lederstraße-Ost gesenkt werden, heißt es in der Verwaltungsvorlage zur heutigen Ausschusssitzung – nicht aber an den anderen sechs Standorten mit Passivsammlern an der Lederstraße. Aber auch Überschreitungen an solchen »Profilmesspunkten« würden Maßnahmen zur Luftreinhaltung erforderlich machen, wird betont.

847 Neukunden

Durch einen photokatalytischen Fassadenanstrich an den Gebäuden im »Nahbereich« der Messstation Lederstraße ließe sich laut beauftragtem Ingenieurbüro wie angenommen die Stickstoffdioxid-Konzentration tatsächlich verringern. Die Experten gehen von einer »Minderung der Konzentrationen im einstelligen Prozentbereich bis in einen Abstand von wenigen Metern von den Oberflächen« aus. Die Sonneneinstrahlung reiche auch bei »teilweiser Verschattung«, um die Umwandlung der chemischen Substanzen zu bewirken. Das hatte insbesondere Professor Dr. Jürgen Straub von der WiR-Fraktion bezweifelt.

Beim Lkw-Durchfahrtsverbot für die Lederstraße, das mangels Kontrollen bisher nur bedingt Wirkung hat, bleibt es bei der Aufforderung ans Polizeipräsidium, für die Durchsetzung des Verbots zu sorgen. Die Verwaltung hat sich inzwischen auch ans Innenministerium gewandt mit der Bitte, das Polizeipräsidium »so auszustatten, dass die wirksame Kontrolle des Lkw-Durchfahrtsverbots nicht durch Personalmangel behindert wird«. Die Stadt erklärt sich bereit, die Polizei bei der Überwachung zu unterstützen.

Noch nichts Konkretes gibt es zur Einführung einer Umweltspur auf der Lederstraße, die damit in Richtung Pfullingen nur noch einspurig zu befahren wäre. Laut Prognose des Regierungspräsidiums könnte das eine Stickstoffdioxid-Minderung von sieben Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bringen. Aktuell prüft die Verwaltung, wie sich die Spurreduzierung auswirkt. Verkehrsverlagerungen, Staus, Überlastung der Knotenpunkte sind nur einige der Fragen, die geklärt werden sollen.

Die Verwaltung verweist in ihrer Vorlage einmal mehr auf die Maßnahmen des Luftreinhalteplans, die sukzessive - Stichwort Stadtbuskonzept - umgesetzt werden. Und sie meldet erste Erfolge aus dem »Lead-City-Programm«: Das Bus-Abo für einen Euro am Tag und die preisreduzierten Tagestickets bescherten seit Jahresanfang der RSV 847 Neukunden für Jahres-Abos, eine Verdoppelung der verkauften Tagestickets und 220 000 mehr Beförderungen. (keg)