REUTLINGEN. Wer gerne Döner isst, sich gerne die Haare schneiden oder den Bart stutzen lassen will, wer sich gerne die Nägel maniküren lässt oder ein neues Handy braucht: Reutlingens Innenstadt hat mehr als ausreichend Angebote dafür. Doch sind es mittlerweile zu viele geworden? Sollte die Stadtverwaltung eingreifen? Das hat der GEA die Menschen in der Reutlinger Innenstadt gefragt.
Joachim Barth sind vor allem die vielen Friseure und Barbershops in der Metzgerstraße aufgefallen: »Ich habe sie nicht gezählt, aber es sind schon auffällig viele. Unangenehm finde ich das nicht«, meint er. Auch die anderen Angebote an Dönerbuden, Handyläden oder Nagelstudios seien für ihn nicht störend. Die Geschäfte würden ja offensichtlich laufen, sonst könnten sie ihre Ladenmieten nicht bezahlen. »Ob die Stadtverwaltung da eingreifen soll? Es ist die Frage, ob sie das überhaupt kann. Das wird schwierig, denn es wäre ein Eingriff in die Marktwirtschaft in der Stadt«, findet Barth.
Xenia Gette ist mit ihren Kindern in der Reutlinger Innenstadt unterwegs. Sie antwortet ganz spontan: »Von all diesen genannten Geschäften gibt es in Reutlingen zu viele.« Ihr wäre ein guter Spielwarenladen viel lieber, als Döner- und Handyläden, Nagelstudios oder Barbershops. Einen anderen Branchenmix bei den Geschäften in der Innenstadt fände sie gut. »Es wäre schön, wenn man das irgendwie steuern könnte, aber spontan fällt mir keine Lösung ein, wie die Stadtverwaltung das machen könnte«, sagt sie. Ihre Mutter, Barbara Haid, meint, dass der Hebel bei den Ladenmieten zu finden wäre: »Es liegt an den hohen Mieten und den Vermietern, auf die müsste man zugehen.«
Die jungen Eltern Bojan und Ana Gosic sagen: »Wir kommen nicht ganz so oft in die Reutlinger Innenstadt und uns sind die vielen Dönerläden nicht als unangenehm aufgefallen.« Sie wünschten sich dafür mehr Kindergärten im Reutlinger Zentrum. Ob die Stadt bestimmte Branchen einschränken sollte, diese Frage halten sie für schwierig: »Das wäre eine brisante politische Entscheidung, die in den Handel eingreifen würde.«
»Es geht weder um Branchen, noch um die einzelnen Läden. Es geht darum, dass Städte wie Reutlingen es gerade versäumen, ihre Innenstädte attraktiver zu machen«, sagt Axel Promies. Damit meine er nicht nur den Handel, sondern dass die Stadtverwaltung Reutlingen mehr dafür tun müsse, damit sich die Menschen in der Innenstadt wohler fühlen. Mit Blick auf den Klimawandel gehöre dazu auch, dass es beispielsweise auf dem Marktplatz kühler werden müsse: »Da muss für die nächsten zehn Jahre geplant werden«, findet er. Gleichzeitig müssten Leerstände bei den Innenstadtläden vermieden werden: »In die leerstehenden Ladenlokale gehen ja offenbar die Barbershops und die Nagelstudios rein«, so Promies. Gleichzeitig sei ja offensichtlich, dass diese Geschäfte laufen würden und so auch eine soziale Funktion erfüllen. »Die Leute scheinen ja gerne zum Dönermann und zur Nagelpflege zu gehen.«
»Als ich noch in Tübingen studiert habe, bin ich zum Einkaufen immer nach Reutlingen gefahren. Heute mache ich es lieber umgekehrt«, sagt Birgit Hövel und drückt damit aus, worauf es ihr ankommt: »Es braucht guten Einzelhandel. Zum Beispiel sowas wie den 'Wechselnden Wilhelm' an der Marienkirche«, sagt sie. Die vielen Dönerbuden, Handyläden, Barbershops und Nagelstudios würden sie nicht stören, aber es müsse etwas für mehr Attraktivität in Reutlingens Innenstadt getan werden. »Das muss besser werden und die Mieten wären ein Hebel. Da muss die Stadt mit den Vermietern ins Gespräch kommen. Sonst gibt's nur noch mehr Leerstände.« Das wolle schließlich niemand. (GEA)