REUTLINGEN/TÜBINGEN. Ein 31-jähriger Mann aus Afghanistan soll im Dezember 2022 in einer Reutlinger Wohnung seinen Zimmernachbarn mit einer Eisenstange so schwer verletzt haben, dass das Opfer am nächsten Tag im Krankenhaus starb.
Der Angeklagte im Totschlag-Prozess vor dem Tübinger Landgericht bestreitet allerdings die Tat (der GEA berichtete). Wer es letztlich auch gewesen ist, der Täter muss, wie das Ergebnis der rechtsmedizinischen Untersuchung zeigt, schrecklich gewütet haben.
Gutachten der Rechtsmedizin
Vor Gericht sprach Rechtsmedizinerin Dr. Melanie Hohner von einem »ausgedehnten Verletzungsbild«. Das Opfer hatte ein gebrochenes Stirn- und Nasenbein. Auch der Unterkiefer war gebrochen. Daneben stellte Hohner Rippenfrakturen und jede Menge Hämatome und Prellungen am ganzen Körper des Opfers fest. Die Todesursache seien der hohe Blutverlust sowie ein Sauerstoffmangel gewesen, so Hohner.
Die Verletzungen seien durch »massive, mehrfache stumpfe Gewalt« entstanden. Ein Metallrohr als Tatwaffe hält Hohner für möglich. Nach ihren Erkenntnissen müsste der Täter mehr als zehnmal zugeschlagen haben. Sehr wahrscheinlich habe der Täter auch zugetreten. Unter Umständen sei die Handlungsfähigkeit beim Opfer, das 2,5 Promille Alkohol im Blut gehabt habe, eingeschränkt gewesen.
Kritik an Polizeiarbeit
Beim Prozess vor der Schwurgerichtskammer wurde jetzt auch Kritik an den Ermittlungen der Polizei laut. So könnten sich die Ermittler zu frühzeitig auf den 31-jährigen Angeklagten als einzigen Täter festgelegt haben.
Auch ist das Handy des Opfers aus technischen Gründen bisher offenbar immer noch nicht ausgewertet. Dieses Handy könnte möglicherweise Hinweise auf den Täter geben, denn zum Tatzeitpunkt hatte das Opfer mit seiner Lebensgefährtin in Pakistan telefoniert. Sie hatte am Telefon eine Auseinandersetzung mitbekommen und einen Bekannten in Reutlingen informiert.
Der Prozess wird kommende Woche mit den Plädoyers fortgesetzt. Möglicherweise verkündet das Schwurgericht am nächsten Mittwoch bereits ein Urteil. (vit)