REUTLINGEN. Der Aufbau des Reutlinger Riesenrades ist eine Aufgabe für Schwindelfreie. Viele Meter über dem Bürgerpark turnen die Arbeiter von Schausteller Christian Göbel. Der Chef packt selbst mit an, oder gibt in einer Gondel sitzend Anweisungen. Denn manchmal hat wer unten bleibt den besseren Überblick. Statt wie im vergangenen Jahr auf dem Marktplatz steht die neue Reutlinger Attraktion jetzt vor der Stadthalle. Das hat, so Göbel, jede Menge Vorteile - wovon sich das Zerstreuung und Vergnügen suchende Publikum ab Dienstag um 17 Uhr täglich bis zum 12. September zwischen 11 Uhr und 20 Uhr selbst überzeugen kann.
»Alle vorbeifahrenden Autos sehen das Riesenrad. Auch die auf der Wiese vor dem Tübinger Tor spielenden Kinder«, freut sich der Herr des Rades, während er den Aufbau keinen Augenblick aus den Augen lässt. Der in den Niederlanden 2017 gebaute »White Star« wirkt wie eine gigantische Ziehharmonika. Interessant ist jedoch schon der tragende Unterbau des Riesenrades.
Gekommen ist die Konstruktion gut verpackt auf drei Tiefladern. Diese Anhänger bilden gemeinsam auch das Fundament des Aufbaus, was lästiges Rangieren mit mehreren Lastwagen überflüssig macht. Die Holländer haben offenbar ziemlich schlau konstruiert, weil der Aufbau auch keinen Kranwagen benötigt. »Es ist ein Klappsystem. Wenn es richtig abgebaut wurde, kann man es eigentlich nicht falsch aufbauen«, stapelt Göbel ziemlich tief. Elektrisch angetrieben hebt sich zunächst der zentrale Mast des Rades mit der Achse, anschließend werden Stück für Stück die Streben montiert.
Göbel und vier seiner Arbeiten werden den ganzen Montag und Teile des Dienstags brauchen, bis alles sicher und vorschriftsmäßig steht. »Teile vermisst haben wir noch keine. Wir wissen genau, wo alles hingehört«, meint er amüsiert auf die Frage, ob bei so einem Riesenrad ähnlich wie einem Möbelbausatz auch mal eine Schraube gesucht wird. Lange nach Fahrgästen zu suchen braucht der Schausteller aus Worms ab Dienstag um 17 Uhr bestimmt nicht, falls das Wetter mitspielt.
Denn der »White Star« ist vor der Stadthalle so beeindruckend wie er das schon auf dem Marktplatz gewesen ist: 35 Meter hoch drehen sich 26 Gondeln mit Platz für jeweils sechs Menschen im Kreis. Die Ausblicke auf den Rundfahrten - eine Drehung braucht etwa fünf Minuten - dürften Atem beraubend sein. Für einen stimmungsvollen Anblick am Abend und in der Nacht sorgen Zehntausende LED-Lampen auf stromsparende Weise. Corona soll niemandem den Spaß verderben: Maske zu tragen braucht man nur beim Anstehen, nicht aber bei den Fahrten - eine registrierte Adresse pro Gondelbelegschaft reicht. (GEA)