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Nach Kritik auf Facebook: Tierheim Reutlingen fühlt sich nicht als Prügelknabe

Nach Kritik im Netz am Tierheim Reutlingen stellen Leitung und Team klar: Bei uns steht das Wohl der Tiere im Mittelpunkt. Die Lage bei den knapp 100 Katzen bleibt zunächst angespannt.

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Diese erst wenige Wochen alten Katzenkinder sind noch zu jung, um vermittelt zu werden. Ihre Katzenmutter säugt sie noch. Foto: Ralf Rittgeroth
Diese erst wenige Wochen alten Katzenkinder sind noch zu jung, um vermittelt zu werden. Ihre Katzenmutter säugt sie noch.
Foto: Ralf Rittgeroth

REUTLINGEN. Alles begann mit einem Hilferuf und einem dringenden Appell des Tierheims Reutlingen. Denn so gut wie niemals zuvor gab es so viele Katzen in der Unterkunft am Rande des Stadtteils Sondelfingen. »Wir können kaum noch Katzen aufnehmen, weil wir soviele Tiere haben, die abgegeben, ausgesetzt und gefunden wurden«, war die Aussage des Hilferufes. Dieser war verbunden mit dem dringenden Appell, Katzen doch kastrieren und kennzeichnen zu lassen. Auch die Forderung nach einer Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht erhob das Tierheim.

Der entsprechende GEA-Bericht darüber sorgte allerdings für ziemlichen Wirbel im Netz. Auf Facebook gab es fast 140 Kommentare dazu und in nicht gerade wenigen griffen die Verfasser das Tierheim und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilweise massiv an. Dabei standen weder der Hilferuf oder der Appell des Tierheims im Zentrum der Kritik, sondern eher die Vermittlungpraxis für Katzen. Ganz offensichtlich machten einige User in ihren Postings ihrem Ärger Luft, dass sie in der Vergangenheit keine Katzen vom Reutlinger Tierheim bekommen hatten. »Vielleicht sollten sich die Tierheim Mitarbeiter auch mehr Mühe geben mit dem Vermitteln!«, heißt es da unter anderem. »Keks Jasmin« schreibt beispielsweise: »Muss man sich doch nicht wundern. Die Voraussetzungen, die die Tierheime haben, ist meist nicht umsetzbar. Wenn die Tierheime ihre Anforderungen etwas herunterschrauben würden, würden sie auch Tiere vermittelt bekommen. Somit sind es selbst gemachte Probleme.« Und Moni Löffler postet: »Dann sollte das Tierheim Reutlingen mal ENDLICH anfangen umzudenken, und Katzen auch als Stubentiger vermitteln. Schon so oft wurden Leute weggeschickt, die einen gesicherten Balkon oder Terrasse hatten, ein Haus usw. aber nein, gibt es nicht, und jetzt rumheulen.«

Einzelne kommentieren aber auch so: »Also ich muss mich schon wundern über so einige Kommentare hier. Statt über das bestehende Katzenproblem nachzudenken (Kastrations- und Kennzeichnungspflicht) werden die Mitarbeiter angegriffen, nur weil einige mit den Entscheidungen der Abgabe nicht einverstanden sind«, schreibt beispielsweise Ulli Huber. Und Robby Alf meint: »Mir zieht es beim Lesen der Zeilen und Schilderung der Leiterin den Magen zusammen. Was tut der Mensch solchen Geschöpfen an und wie geht er mit ihnen um?«

Nicht alle Katzen können sofort abgegeben werden

Für Andrea Kock vom Team Tierheim scheint die Kritik nicht ganz neu zu sein. Beim Besuch des GEA im Tierheim meint sie: »Wir fühlen uns jetzt nicht als Prügelknabe. Wir halten aber an unserer Regel fest: Katzen vermitteln wir nur unter der Vorgabe, dass die Tiere in ihrem neuen Zuhause Freigang haben müssen. Wir vermitteln keine Tiere, die dann Wohnungskatzen werden sollen.« Das stehe auch auf der Internetseite des Tierheims und bei jeder einzelnen Katze die darüber angeboten wird. Das Team werde die Kritik aber ernst nehmen und intern diskutieren.

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Andrea Kock kümmert sich liebevoll um jede einzelne Katze und kennt deren Schicksal und die Gründe, wieso das Tier im Tierheim gelandet ist. Foto: Ralf Rittgeroth
Andrea Kock kümmert sich liebevoll um jede einzelne Katze und kennt deren Schicksal und die Gründe, wieso das Tier im Tierheim gelandet ist.
Foto: Ralf Rittgeroth

Es gebe aber noch weitere Kriterien, die eine Vermittlung unmöglich machen. Andrea Kock führt durch die insgesamt 16 Räume in denen überall Katzen untergebracht sind. In einem ist eine Katzenmutter mit ihrem Nachwuchs unterbracht. Acht Katzenkindergesichter mit großen Augen blicken einen an, wenn die Tür aufgeht. »Diese Kleinen sind noch zu jung für eine Vermittlung. Die Mutter säugt sie noch«, erklärt Andrea Kock. In einem anderen Zimmer ist ein Geschwisterpaar untergebracht, das unzertrennbar erscheint. »Da fänden wir es natürlich toll, wenn neue Besitzer gleich beide Tiere nehmen würden.« 

Im Mittelpunkt stünde das Wohl der Katzen und wenn beim neuen Besitzer eine vielbefahrene Straße in der Nähe sei, könne das auch dazu führen, dass ein Tier nicht vermittelt würde. »Mir sind die Tiere wichtig, dass es ihnen gut geht. Da geht es um viel. Schließlich erwerben die neuen Besitzer ein neues Familienmitglied. Das kann man nicht den ganzen Tag allein in der Wohnung lassen. Gerade wenn es sich um Jungtiere handelt«, führt Andrea Kock aus. Freigang sei nun mal für Katzen eine artgerechte Haltung. 

Sie gibt sich zuversichtlich, dass die zahlreichen Katzen im Reutlinger Tierheim auch neue und liebevolle Besitzerinnen und Besitzer finden werden, früher oder später. Als positives Beispiel einer erfolgreichen Vermittlung eines »Problemtieres« nennt sie »Herrn von Bödefeld«  Der vermutlich dickste Kater Reutlingens hat nach vielen Wochen das Tierheim verlassen und jetzt ein neues Zuhause. »Er hat dort weiter abgespeckt und ist jetzt von über 14 auf etwa 11 Kilo runter«, berichtet sie mit einem Lächeln. (GEA)

So vermittelt das Tierheim Reutlingen seine Katzen

Die Nachfrage nach Katzen beim Reutlinger Tierheim ist nach eigenen Angaben weiterhin sehr groß. Die meisten Menschen wünschten sich Jungtiere. Bei zu jungen Tieren gilt allerdings eine Wartezeit, bis sie beispielsweise alt genug für eine Kastration sind.

Jeden Mittwoch zwischen 14 und 16 Uhr können die Tiere besichtig werden. Auch ohne vorherige Terminabsprache. Eine Katze kostet inklusive Kastration und Kennzeichnung 120 Euro, ein Kater 150 Euro.

Das Tierheim macht auch telefonisch persönliche Termine aus: 07121 - 14480-60. (GEA)