REUTLINGEN. So viel Konsens war selten: Einstimmig, ganz ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen, segnete der Kreistag heute die Haushaltssatzung ab. Nur in den Reden der einzelnen Fraktionen klang an, dass bei den nichtöffentlichen Vorberatungen in den Ausschüssen sehr wohl über etliche Punkte kontrovers diskutiert und hart um mehrheitsfähige Kompromisse gerungen wurde. Das betraf nicht nur die finanzielle Unterstützung für kulturelle Einrichtungen, sondern auch die Frage, in welcher Höhe und in welcher Form Mittel angespart werden, die in den kommenden Jahren dringend für nötige Investitionen in den Kreiskliniken gebraucht werden.
Die Erhöhung der Kreisumlage war vor allem für die Bürgermeister unter den Kreisräten schwer zu schlucken. Die Kreisumlage ist das Geld, das Städte und Gemeinden an den Kreis zahlen, damit dieser seine Aufgaben erfüllen kann. Es fehlt dann aber in den Gemeinden, die selbst zunehmend Schwierigkeiten haben, ihre finanziellen Herausforderungen zu meistern.
Höhere Zuweisungen vom Land
Der Kreishaushalt hat ein Volumen von rund 386,7 Millionen Euro. Der größte Posten bei den Einnahmen ist die Kreisumlage. Der Hebesatz steigt von 29,5 auf 30,4 Prozent: 139,1 Millionen werden somit 2020 an den Kreis fließen. Zuweisungen vom Land gibt es etwas mehr als geplant: 90,8 Millionen werden erwartet. Bei den Ausgaben verschlingt der Sozialbereich mit 162,5 Millionen Euro das meiste Geld, für Personalkosten stehen 60,5 Millionen Euro im Haushalt 2020. Der Kreistag genehmigte in seiner gestrigen Sitzung etliche zusätzliche Stellen.
Eine neue Kreditaufnahme, wie von der Verwaltung geplant, will der Kreistag nicht. Von den knapp 61 Millionen Euro Schulden sollen 2020 6,8 Millionen abgetragen werden – auch, um Handlungsspielraum für die Zukunft zu schaffen.
Der Kreishaushalt 2020 ist immer noch stramm auf Kante genäht, selbst wenn sich die Lage gegenüber dem Entwurf vom Oktober etwas entspannter darstellt. Damals war zum Beispiel noch nicht klar, wie weit das Land den Kreisen beim Bundesteilhabegesetz und bei der Finanzierung geduldeter Flüchtlinge unter die Arme greifen wird. Am Landkreis bleiben immer noch hohe Kosten hängen, wenn auch etwas weniger als befürchtet.
Dass die Kreisumlage stärker steigt als von der Verwaltung vorgesehen, liegt vor allem auch an den 8 Millionen Euro, die künftig jährlich für Investitionen an den Kreiskliniken angespart werden sollen. Für 2020 sollen diese 8 Millionen mit den Mehreinnahmen aus der Kreisumlage, übrigem Geld aus dem Haushaltsabschluss 2019 sowie voraussichtlich höheren Steuereinnahmen zustandekommen – und mit 1,85 Millionen Euro, die die Verwaltung »dauerhaft« einsparen muss. Bis zum Sommer wird es Vorschläge geben, wie das gelingen kann. (GEA)
Ist die Kreisumlage zu hoch oder zumutbar? Soll der Kreis ein Sozialticket finanzieren? Mehr in Radwege statt in Straßen investieren? Hier finden Sie die Stellungnahmen der Fraktionen zum Haushalt 2020, soweit sie uns zur Verfügung gestellt wurden. Die Manuskripte wurden vor der Haushaltsdebatte eingereicht.