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Aktuell Brot

Erinnerungen gesucht - wer denkt noch an längt geschlossene Bäckereien?

Viele Konditoreien und Bäckereien, die es einmal in Reutlingen und der Region gab, sind längst verschwunden – vergessen sind sie aber nicht

Das Konditorei/Café »Finckh« wurde in der Reutlinger Fußgängerzone bis 2008 betrieben. Foto: Archiv/GEA
Das Konditorei/Café »Finckh« wurde in der Reutlinger Fußgängerzone bis 2008 betrieben.
Foto: Archiv/GEA

REUTLINGEN. Es ist das Jahr 1970 und durch die obere Wilhelmstraße in Reutlingen laufen die Menschen. Der ein oder andere betritt das »Kleine Finckh«, wie die traditionelle Caféstube des Conditorei-Cafés Finckh damals genannt wurde. Im Obergeschoss sitzen Menschen bei einem Kaffee zusammen und genießen die Ruhe. Unten riecht es nach Backware.

So oder so ähnlich muss es sich angefühlt haben – damals in der kleinen Konditorei Finckh, die die Eheleute Wenzler Jahrzehnte in der Reutlinger Wilhelmstraße betrieben und die es – teils unter anderem Namen – schon seit 1801 gab. 2008 setze sich das Ehepaar Wenzler zur Ruhe, Großbäcker Keim übernahm. Das Café war verschwunden, die Erinnerung blieb.

Wie dem Café Finckh erging es in den letzten Jahrzehnten auch anderen Konditorei- und Backbetrieben in Reutlingen und der Region. Bäcker Wollmertshäuser in der Aispachstraße schloss nach 115 Jahren seinen Familienbetrieb 2018. Die Bäckerei der Bruderhaus-Diakonie an der Ecke Alexander-/Ringelbachstraße gibt es seit 2013 nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form. Die Bäckerei-Landschaft wandelt sich stetig – auch in der Region. Was jedoch bleibt, sind die Gedanken der Menschen, deren Leben ganz unaufdringlich von den Bäckern begleitet wurde.

Strukturwandel im Handwerk

Dass es immer weniger kleine Bäckereien gibt, hängt dabei ganz wesentlich mit dem Strukturwandel im Bäckerhandwerk zusammen. Den mit Abstand höchsten Anteil des Umsatzes erwirtschaften heute die großen Bäckereiunternehmen mit 66,2 Prozent des Gesamtumsatzes, obwohl sie nur 4,6 Prozent der Betriebe ausmachten. Im Gegensatz dazu stehen die kleineren Betriebe, die einen Anteil von 64,3 Prozent haben, aber nur 8,3 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaften. Das berichtet zumindest der World Wildlife Fund (WWF) in seiner Studie »Unser täglich Brot – Von überschüssigen Brotkanten und wachsenden Brotbergen« vom September 2018.

Zu den signifikantesten Merkmalen des Strukturwandels gehört demnach weiterhin die seit Jahren sinkende Zahl der Betriebe mit abnehmender Tendenz. Ursachen für diese Entwicklung seien unter anderem die Konzentration des Marktes sowie der anhaltende Fachkräftemangel, berichtet der WWF.

»Eine seit Jahren zunehmende Konkurrenz erwächst dem Bäckerhandwerk durch den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und durch Discounter.« Weiter vorangetrieben habe den Strukturwandel eine Produkt- und Prozessinnovation – die »Prebake-Ware«: Brot- und Backwaren werden vorgebacken, schockgefroren und vor Ort in die Öfen geschoben.

Trotzdem oder gerade deswegen erinnern sich viele noch an »ihre« ganz persönliche Bäckerei vor Ort. An die Bäckerei, bei der man Jahrzehnte das belegte Brot vor der Arbeit holte, an die warmen Brötchen am Wochenende, die es nur bei dem Bäcker gab, den man liebte, an den Plausch an der Theke, an der man jahrelang stand, an den Kaffee mit der Freundin an einem Morgen im Winter …

Anlässlich unserer Brotserie zum Jahr des Brotes suchen wir genau diese Erinnerungsfetzen: An welchen längst geschlossenen Bäcker erinnern Sie sich? Haben Sie Bilder im Kopf, einen Geruch, ein Foto in einem Album im Wohnzimmerschrank? Wir möchten erinnern an die längst vergessenen Bäckereien und Konditoreien in Reutlingen und der Umgebung. An welchen Betrieb erinnern Sie sich – und warum? Schreiben Sie uns. (GEA)

Nächste Folge am Donnerstag, 8. Juli: Eine Ernährungsberaterin steht Rede und Antwort

So geht's

Wenn Sie Ihre Erinnerungen teilen möchten, schicken Sie uns bitte bis zum 19. Juli einen kurzen Text (ca. 40 Zeilen) mit Ihren Erinnerungen und gegebenenfalls mit Foto zu.

Bitte nennen Sie den Namen der Bäckerei, eine ungefähre Zeitangabe Ihrer Erinnerung und bei Fotos eine ungefähre Zeitangabe und die Quelle des Fotos (etwa »privat«). Bitte schreiben Sie uns Ihren Namen.

Wir behalten uns vor, die Erinnerung zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen. Sie können Ihre Einsendungen postalisch (Reutlinger General-Anzeiger, Burgstraße 1-7, Reutlingen) oder per Mail einreichen. Wir freuen uns auf Ihre Einsendungen. (GEA)

erinnerungen@gea.de