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Warum Engstingen nicht bei der Klimaschutzaktion »Earth Hour« mitmacht

In Engstingen bleiben die Laternen an. Der Ratsmehrheit ist das symbolische Dunkel zu gefährlich.

Eine Straßenlampe. Symbol-Foto: Gisel
Eine Straßenlampe. Symbol-Foto: Gisel

ENGSTINGEN. Die ganze Welt knipst für eine Stunde das Licht aus: Mit der »Earth Hour« setzt der WWF am 27. März ein Zeichen für den Klimaschutz. Wenn große Bauwerke wie das Brandenburger Tor in Berlin oder Big Ben in London, sonst in schmeichelhaftes Kunstlicht getaucht, plötzlich in der Dunkelheit verschwinden, ist das durchaus effektvoll. Ob und wie sich kleine Kommunen sinnvoll an einer solchen Aktion beteiligen können, wird derzeit an den Ratstischen im Kreis Reutlingen diskutiert. In St. Johann (siehe Artikel links) ebenso wie in Engstingen.

Dort hatte die Freie Frauenliste sogar eigens einen Antrag formuliert, um die Teilnahme der Gemeinde zu forcieren. Nahezu zeitgleich, informierte Bürgermeister Mario Storz, sei ein Schreiben des Landrats im Rathaus eingegangen, in dem ebenfalls auf das Thema hingewiesen worden sei. Das stieß beim Bürgermeister grundsätzlich zwar auf offene Ohren, aber auch schnell an die Grenzen der lokalen Gegebenheiten: »Der 27. März ist ein Samstag, da brennt um diese Zeit im Rathaus kein Licht mehr. Und öffentliche Gebäude, die beleuchtet werden, haben wir nicht.« Wenn man so will, ist in Engstingen jeden Samstagabend Earth Hour. Bleiben noch die Kirchen, für die die Kommune allerdings nicht zuständig sei: »Ich habe das Schreiben vom Landrat schon weitergeleitet, weil das nicht in unserer Macht steht«, so Storz.

Infrage kommt für eine Gemeinde wie Engstingen damit nur noch die Straßenbeleuchtung. Iris Kemmner hatte im Namen der Frauenliste beantragt, diese »soweit es die allgemeine Sicherheit erlaubt« einzuschränken. »Das halte ich für spannend und schwierig«, formulierte Storz seine Bedenken mit Blick auf die stark frequentierten Ortsdurchfahrten der Ortsteile. »Dort geht das gar nicht, und überall dort, wo es keine Gehwege gibt, auch nicht.« Wie viele Straßenzüge nach Anwendung dieser Ausschlusskriterien überhaupt noch infrage kämen, müsse man gegebenenfalls prüfen. Ulrich Kaufmann hatte sich als Ortsvorsteher in Kleinengstingen auch schon seine Gedanken dazu gemacht. Dabei sei er zum selben Schluss wie der Bürgermeister gekommen: Die Straßenbeleuchtung abzuschalten sei »mehr als problematisch«. Auch Steffen Schmälzle argumentierte nach dem Motto »Sicherheit geht vor« gegen den Antrag der Frauenliste, die es schließlich noch mit einem Kompromiss versuchte.

Aufruf im Amtsblatt

Iris Kemmner schlug vor, während der Earth Hour wenigstens jede zweite Straßenlaterne abzuschalten. Auch bei der regulären Nachtabschaltung werde grundsätzlich jede zweite Laterne ausgeschaltet, erläuterte Storz, man könne prüfen, ob eine Teilabschaltung an diesem Tag technisch möglich sei. Die Möglichkeit, einen entsprechenden Auftrag an die Verwaltung zu erteilen, lehnte der Gemeinderat mehrheitlich ab.

Stefan Glück fand die Aktion grundsätzlich zweifelhaft: »Man setzt ein Zeichen, das ist aber auch alles. Mein Gegenvorschlag. Wir schalten die Straßenbeleuchtung jeden Abend eine Minute früher auf Nachtbetrieb als bisher, dann haben wir 365 Minuten im Jahr gespart.« Bei einer Enthaltung einigte sich das Gremium letztlich auf einen Minimal-Konsens: Im Amtsblatt soll auf die Earth Hour hingewiesen und dafür geworben werden, dass wenigstens im privaten Bereich symbolisch die Lichtschalter für eine Stunde umgelegt werden. (ma)