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Lieber gemeinsam statt einsam

Generationsübergreifendes »Vesper in Blau« in Kleinengstingen begeistert Teilnehmer auf ganzer Linie

Gute Stimmung beim »Vesper in Blau« in Kleinengstingen.  FOTO: LEIPPERT
Gute Stimmung beim »Vesper in Blau« in Kleinengstingen. FOTO: LEIPPERT
Gute Stimmung beim »Vesper in Blau« in Kleinengstingen. FOTO: LEIPPERT

ENGSTINGEN. Die Tische waren in der blau dekorierten Halle aufgestellt. Und innerhalb kürzester Zeit füllten sie sich nicht nur mit Menschen, sondern auch mit allerlei Köstlichkeiten wie Wurstsalate, Brötchen, selbst gemachtem Fingerfood, Salaten, Getränken aller Art und vielem mehr. »Gigantisch, genial, oifach schee.« Die ehrenamtliche Senioren-beauftragte Silke Kunz-Wernicke der Ge-meinde war regelrecht überwältigt. Sie hatte gemeinsam mit dem Verein »Familienfreundliches Engstingen« sowie der Freien Frauenliste zum ersten »Vesper in Blau« in die Bloßenberghalle in Kleinengstingen eingeladen und fast vierzig Personen unterschiedlichen Alters waren gekommen.

Interesse wecken

Der jüngste Teilnehmer saß noch in seiner Babyschale, viele Kinder tummelten sich auf der extra angelegten Spielmatte, etliche Gäste waren schon in reiferem Alter. »In meiner Nachbarschaft gibt es einige Menschen, die durch Trennung oder den Tod ihres Partners jetzt alleine sind und kaum noch Ansprache von außen erhalten oder die erst zugezogen sind und noch niemanden kennen«, erklärte die Seniorenbeauftragte ihren Gedanken. Bei vielen Älteren bemerke sie zudem, dass sie körperlich »immer weniger werden«, weil sie viel zu wenig essen und trinken würden. Sie hätten durch das Alleinsein einfach keinen Appetit, habe sie auf Nachfrage von einigen erfahren.

»Das ist doch graußlich«, betonte Kunz-Wernicke und erklärte, das müsse man vielleicht doch auch als Nachbar oder Angehöriger erkennen und helfend einschreiten.

Weil sie die tolle Aktion »White Dinner«, bei der sich teils wildfremde Leute mittags oder abends zum gemeinsamen Essen zusammensetzen, in umliegenden Städten und Gemeinden schon erleben durfte, sei ihr der Einfall gekommen, so etwas ähnliches könne man doch auch hier in Engstingen organisieren. Allerdings habe sie überlegt, dass ein weißes Outfit vermutlich nicht funktionieren würde. Also was dann? »Ja klar, gemeinsam vespern.« Sie erkundigte sich bei Bekannten, was die von dieser Idee hielten und bekam von allen Seiten klare Zustimmung. Und weil eigentlich jeder eine blaue Hose besäße, habe auch die Farbe relativ schnell festgestanden.

»Wir wollen auch die gute alte schwäbische Vesperkultur aufleben lassen«, so die Initiatorin. Bei der Umsetzung ihrer Idee wären plötzlich Vertreter des Vereins Familienfreundliches Engstingen sowie die Freie Frauenliste auf sie zugekommen, ob sie sich daran beteiligen könnten. Und auch das Motto »Alloi, ha noi« sei schnell festgestanden.

Sie finde dieses Vesper in Blau »so was von toll«, lobte etwa die 81-jährige Uschi Heinzelmann aus Großengstingen. Auch das Bäckerehepaar Augusta und Helmut Rau waren voll begeistert. »Des isch richtig super.« Schön wäre es auch, wenn es diese Veranstaltung bei schönem Wetter im Freien geben könnte. So ein Treffen habe sie sich auch schon für die evangelische Kirchengemeinde erhofft, sagte Vera Vöhringer, Vorsitzende des Fördervereins Blasiuskirche. Das Vesper in Blau passe hierher zum Ort und zu den Leuten, fand Daniela Halder. »Und White Dinner hat ja inzwischen jeder irgendwie.«

Most zum Abschluss

Wenn sich so eine Zusammenkunft etablieren würde, wäre es ein absoluter Gewinn für die Bürger, betonte Kunz-Wernicke. »Die Leute müssen einfach ent-decken, wie wichtig es ist, miteinander irgendwo zu essen oder auch einen Blick für die Nachbarn zu bekommen.« Auch weiß sie, dass sich viele Alleinstehende nicht einfach bei anderen einladen würden, weil sie sich niemandem zumuten wollten oder Angst vor Ablehnung hätten. »Ich wünsche mir einfach, dass dies anders wird und man sich wieder sieht.«

Sie glaube, ihre Ideen kämen »direkt vom Himmel«, feixte Kunz-Wernicke abschließend. Und sie soll sie dann einfach umsetzen. Dass sich die Gemeinde glücklich schätzen könne, so eine kreative und agile Seniorenbeauftragte zu haben, lobte Daniela Halder.

Als »echt schwäbische Überraschung« kredenzte die Ideengeberin zum Ab-schluss des ersten blauen Vespers einen »Moscht, so wie ’s viele Leut heut no machet«. (lpt)