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Aktuell Stadtführung

Romantische Winkel an der Seckach in Trochtelfingen

Geschichtsverein führt durch Trochtelfingens Vergangenheit und Gegenwart. Beitrag zum Kultursommer

An der Seckach: Trochtelfingens Geschichtsverein bot eine Führung an. FOTO: BIMEK
An der Seckach: Trochtelfingens Geschichtsverein bot eine Führung an. FOTO: BIMEK
An der Seckach: Trochtelfingens Geschichtsverein bot eine Führung an. FOTO: BIMEK

TROCHTELFINGEN. Eine sehr abwechslungsreiche und bewegte geschichtliche Vergangenheit hat das pittoreske Städtchen Trochtelfingen mit seinen drei Stadtmauern vorzuweisen. Das kann Bernhard Klingenstein nur bestätigen: Der Vorsitzende des Geschichts- und Heimatvereins widmete der Trochtelfinger Historie am Sonntag eine Stadtführung.

Klingenstein machte in seinem geschichtlichen Abriss auf steinzeitliche Funde aufmerksam, verwies auf die Bronze- und Keltenepoche mit Hügel- und Brandgräbern. Auch die Römer hinterließen auf der Gemarkung ihre Spuren, und Sippenführer Trochtolf gab der Stadt seinen Namen.

Ständig wechselnde Herrschaften hatten die Trochtelfinger zu überstehen, vom Bischof von Konstanz über Württemberger und Donaueschinger bis hin zu den Werdenbergern, die Mitte des 15. Jahrhunderts das Schloss erbauten. Felix Werdenberg war im Gegensatz zu seinem Bruder Christoph »unrühmlich, als klein und teufelhäftig« bekannt, weiß Klingenstein. Versionen zu seinem Tod lauteten, man habe »den Kopf im Sarg rollen hören« oder auch »er habe sich an den Weibern übernossen«.

»Was mit dem Schloss weiter geschieht, ist unklar«, so Klingenstein. Momentan sei im Gebäude noch die Grundschule untergebracht, frage sich nur, wie lange noch. »Haben Sie die Nische zwischen den Fenstern bemerkt?«, richtete er eine Frage an die Teilnehmer. Hier führte einst ein gedeckter Gang direkt auf die zweite Empore der danebenliegenden St. Martinskirche. »Das ist eine kleine Besonderheit. So kamen die Herrschaften ohne Kontakt zur Bevölkerung in die Kirche.« Deren Chor und der untere Teil des Turmes entstanden nach 1320, das Langschiff wurde gut ein Jahrhundert später erbaut. Obwohl dort in den 1960er-Jahren viel zerstört wurde, blieben unter anderem noch in den Originalfarben um 1480 angefertigte Fresken zum Jüngsten Gericht erhalten. Ebenso die drei trauernden Frauen eines Trochtelfinger Meisters. Neben dem Kirchplatz ist noch eines der Häuser für die Kaplane zu sehen, die für die Stifter der neun Pfründe in Messen deren Seelenheil erbaten. Im Altstadtkern dann der ehemalige Herrschaftliche Fruchtkasten, das heutige Rathaus mit seinem Brunnen, der Pulverturm am oberen Ende der Marktstraße mit ihren verzierten Fachwerkhäusern. Ein großes Feuer, das im Garbenbarn des Gasthaus Goldene Krone – dem heutigen Ochsen – ausbrach, zerstörte 1726 52 Gebäude. Die Bürger waren bei der Feldarbeit und somit konnte sich das Feuer unbemerkt sehr schnell ausbreiten. Beim Wiederaufbau wurde alles, was stehenblieb, genutzt – wie beispielsweise die Giebel. Dabei entstanden unterschiedliche Fachwerke, je nachdem, wo der Zimmermann gelernt hatte, berichtete der Trochtelfinger Stadtführer. Handwerker gab es zu der Zeit reichlich in dem historisch anmutenden Städtchen, davon allein an die zehn Schuhmacher. Meist reichten deswegen die Aufträge nicht aus, eine Familie zu unterhalten, weshalb nebenher oft Landwirtschaft betrieben wurde. Für die Müller in den Mühlen an der Seckach gab es daher einiges zu tun. Ein Überwacher überprüfte die Anzahl der Mehlsäcke, und der eine oder andere davon wanderte in das danebenliegende Depot der Herrschaft.

An den kleinen Bach wurden wegen Brandgefahr auch die Waschhäuschen verlegt, wobei überhaupt nicht an die Gesundheit der Waschfrauen gedacht wurde, berichtete Klingenstein. Drinnen hohe Temperaturen und große Luftfeuchtigkeit, draußen oft Minusgrade – harte Bedingungen, denen die Frauen ausgesetzt waren.

Heute hat sich das Albstädtchen mit seinen gut dreieinhalbtausend Bürgern – um die sechseinhalb mit den Teilorten – und seiner Fachwerkhäuser-Altstadt zu einem Touristenziel entwickelt. »Hätte man damals beim Projekt Umgehungsstraße auf die Geschäftsleute gehört und die Bundesstraße weiterhin durch das Zentrum geführt, wäre das jetzt nicht möglich.« (mek)