ZWIEFALTEN. Seit 30 Jahren berichten Experten bei der Tagung psychiatrische Ethik zu Themen, die seelisch Erkrankte betreffen. Professionelle Helfer aus Kliniken, Psychiatrieerfahrene, Angehörige, Ehrenamtliche, die Polizei sowie Vertreter verschiedener Institutionen: Sie alle diskutierten – jeder aus seinem Blickwinkel – diesmal den Begriff der Verantwortung.
Der Regionaldirektor Alb-Neckar des ZfP Südwürttemberg, Professor Dr. Gerhard Längle, erklärte: »Der Begriff bildete eine Klammer hinter den Themen der bisherigen 30 Ethiktagungen – heute wollen wir diesen gemeinsam weiterdenken.« Die Ethiktagung findet stets am Welttag für seelische Gesundheit statt und wird vom Zentrum für Psychiatrie, ZfP Südwürttemberg, und der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik Reutlingen (PP.rt) veranstaltet.
Aufgabe für alle Ebenen
Die Tagungsteilnehmenden diskutierten diesmal zu verschiedenen Themen, die in Verbindung mit »Verantwortung« stehen: Vertrauen, Zeitgeist, Wirtschaftlichkeit, Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Freiheit. Die Ergebnisse wurden gesammelt und vier Ebenen der Verantwortung zugeordnet: der individuellen, institutionellen, politischen und kommunalen Verantwortung.
Für die abschließende Plenums-Diskussion griff Moderator Dr. Berthold Müller einzelne Themen aus den Ergebnisvorstellungen auf und formulierte eine Zielführung: »Was können wir selber leisten? Was erwarten wir von Kommunen und der Politik?«
Kritisch diskutiert wurden unter anderem das Menschenbild als eine wichtige Voraussetzung für einheitliches Handeln in der Psychiatrie und Gesellschaft sowie die generelle Streikbereitschaft in Deutschland, die eher niedrig sei. Auch die ab Januar 2020 geltende Personalverordnung für die Psychiatrie wurde am Rande erörtert, wobei sich die Tagungsteilnehmenden einig waren, dass diese ein erheblicher Rückschritt für die psychiatrische Versorgung sei. Doch auch positive Entwicklungen in der psychiatrischen Versorgung kamen zur Sprache. So habe sich beispielsweise in Zwiefalten der Austausch zwischen dem ZfP und der Polizei oder der Zwiefalter Bevölkerung verbessert. Eine Angehörige lobte zudem die hohe Konfliktlösebereitschaft von Menschen, die psychisch Kranken helfen.
Abschließend stellten die Tagungsteilnehmenden fest: »Wenn wir nur versuchen in unseren Einzelbereichen zu wirken, funktioniert das nicht. Wir müssen uns austauschen und den anderen nachvollziehen können. Dann können wir gemeinsam etwas bewegen.« (eb)