TROCHTELFINGEN-MÄGERKINGEN. »Früher wurde eher hemdsärmelig gerettet«, sagt Eberhard Pilger und Renate Kauffmann ergänzt: »Da war man schon froh, wenn überhaupt jemand zum Helfen gekommen ist.«
Renate Kauffmann ist Gründungsmitglied des 50 Jahre jungen DRK Mägerkingen-Hausen und kennt die Zeit mit der kleinen Sanitätstasche noch zu gut, bis 2018 war sie aktiv als »Helferin vor Ort« dabei, ist seither »HvO-Reserve«. Eberhard Pilger ist seit 1997 Bereitschaftsleiter, seit 2012 Ortsvereinsvorsitzender und als einer unter vier »Helfern vor Ort« rund um die Uhr parat, mit dem knapp zwanzig Kilo schweren Rettungsrucksack auszurücken, »wenn der Piepser geht«.
Das halbe Jahrhundert Hilfe am Menschen feiern die DRK-Mitglieder mit denen, für die sie da sind und die seit jeher mit viel Unterstützung für »ihr DRK« da sind, nämlich der gesamten Bevölkerung. Und deshalb wird die Generalversammlung am kommenden Samstag in der Mägerkinger Festhalle auch mehr Festakt als Formalie sein.
»Früher wurde eher hemdsärmelig gerettet«
Von Beginn an war die Bereitschaft für beide damals noch selbstständigen Laucherttalgemeinden Mägerkingen und Hausen zuständig. Treibende Kraft und erster Vorsitzender war Bürgermeister Paul Barthold, der zuvor gemeinsam mit Hans Butterstein vier Frauen und sechs Männer für eine Erste-Hilfe- und Sanitätsausbildung hatte gewinnen können. Das wiederum war die Voraussetzung, 1968 die Sanitätsbereitschaft und ein Jahr später den DRK-Ortsverein zu gründen, der passive Mitglieder gewinnen sollte. Unterstützung erfuhr das DRK von den Kollegen der freiwilligen Feuerwehr von Beginn an, die Kameradschaft und gegenseitige Unterstützung tragen bis heute.
Ärmel aufkrempeln und viel Eigeninitiative war gefragt, als 1970 der erste Krankentransportwagen – ein Unfallfahrzeug der Bundeswehr – beschafft wurde. Nur fünf Jahre, beträchtliche Spenden aus der Bevölkerung und mehrere rauschende Tanzabende mit der Tanzkapelle »Edelweiß« später, gab es den fabrikneuen Rettungswagen mit Anhänger, den Vor-Vorgänger des heutigen, bereits 14 Jahre alten Krankentransportwagens.
Klaus Frank, ebenfalls Mann der ersten Stunde und nach Gernot Rukwid Vorsitzender ab 1997, erinnert sich: »Das waren gesellschaftliche Großereignisse.« Renate Kauffmann, jahrzehntelang Kassiererin, weiß um die Einträglichkeit dieser Festangebote – und das ist heute nicht anders. Deshalb veranstaltet das DRK Mägerkingen-Hausen regelmäßig zu Jahresbeginn die »Winternacht im Dorf«. Da kommen die Menschen auf dem Dorfplatz zusammen, die Schwedenöfen wärmen von außen, Gulaschsuppe und Heißgetränke von innen und neben der Geselligkeit bringt es das Geld ein, um Bereitschaft und Ortsverein zu finanzieren. Denn bis heute ist das DRK komplett eigenfinanziert, im Gegensatz zur Feuerwehr, die von der Kommune unterhalten wird.
Eine dramatische Zäsur in der Bereitschaft war das Inkrafttreten des Rettungsdienstgesetzes im Jahr 1986. Bis dahin wurde tagsüber die Notfallversorgung von den professionellen Rettungsdiensten übernommen, die Nachbereitschaft teilten sich die ehrenamtlichen DRK-Bereitschaften Mägerkingen/Hausen, Trochtelfingen, Engstingen und Sonnenbühl. Besonders herausfordernd waren die »Fahrten über die Alb«, erinnern sich Kauffmann und Frank. Patienten nächtens in eine Fachklinik im Aachtal zu fahren, forderte die DRK-Helfer fachlich wie menschlich, was die Bereitschaft aber auch zusammenschweißte.
Psychologische Betreuung, wie sie heute für die ehrenamtlichen Helfer bei Bedarf selbstverständlich ist, gab es damals nicht, jeder musste mit dem Erlebten selbst klarkommen. »Diese Zeit war intensiv, das wäre in der Form heute kaum noch leistbar – die Kameradschaft hat sich im Laufe der Zeit verändert«, sagen die Gründungsmitglieder.
»Diese Zeit war intensiv, das wäre heute kaum noch leistbar«
Unvergessliche Einzelaktionen waren der Hilfsgüter-Transport 1992, bei dem in sieben Tagen 13 Personen mit sechs Lkws vollgefüllt mit dem Lebensnotwendigsten ins russische Smolensk und zurück nach Mägerkingen gefahren sind, die Helfer-Einsätze beim Festival in Wacken oder die Evakuierung eines Zeltlagers von 4 500 Jugendlichen in 2014.
Bei der Initiative »Helfer vor Ort« (ab 1997) sind die Bereitschaftsmitglieder von Anfang an dabei. Die überbrückende Hilfe der ehrenamtlichen Retter bis zum Eintreffen ihrer hauptberuflichen Kollegen ist nicht mehr wegzudenken. Bevor im gesamten Stadtgebiet um Unterstützung geworben wird – die Bereitschaft Mägerkingen-Hausen steht vor absehbar umfangreicher werdenden Aufgaben – wird aber am Samstag erst einmal so richtig das halbe Jahrhundert gefeiert. (GEA)
Fünfzig-Jahr-Jubiläum
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