ENGSTINGEN. Ein klares Ergebnis, das in dieser Deutlichkeit nicht unbedingt zu erwarten war: Beim gestrigen Bürgerentscheid haben sich 69,42 Prozent der Stimmberechtigten in Engstingen für einen Windpark auf gemeindeeigenen Flächen ausgesprochen. Und das bei einer hohen Wahlbeteiligung von 49,83 Prozent. »Das ist eine Wahlbeteiligung, die sich in diesen Zeiten sehen lassen kann«, kommentierte Bürgermeister Mario Storz, »auch wenn wir uns 50 plus X gewünscht hätten«.
Damit ist der Weg für Verwaltung und Gemeinderat frei, in die Verhandlungen mit dem Projektierer Windkraft Schonach einzusteigen, die wegen des Bürgerentscheids und des vorangegangenen Bürgerbegehrens nicht ins Rollen kamen. Der Gemeinderat hatte im Januar beschlossen, Windkraft Schonach die Möglichkeit zu geben, auf gemeindeeigenen Flächen drei Windräder zu errichten. Jetzt können die Details besprochen werden: »Jetzt geht die eigentliche Arbeit los«, sagte Bürgermeister Storz. Der Pachtvertrag soll ja 20 Jahre halten und die Gemeinde von den durchaus einschneiden Änderungen angemessen profitieren.
Fast 50 Prozent Wahlbeteiligung
Damit kommt Bewegung in die Entwicklung der Windkraft auf der Alb. In der Nachbargemeinde Gomadingen – der Windpark in Engstingen wird sich an die Gomadinger Kraftwerke anschließen – ist das Genehmigungsverfahren weitgehend abgeschlossen, im kommenden Winter sollen die Rodungen beginnen, ein Jahr später könnten sich die Räder, wenn alles gut läuft, drehen. So schnell wird es in Engstingen nicht gehen, auch wenn der Projektierer auf bereits durchgeführte Untersuchungen und Planungen ein paar Meter weiter zurückgreifen kann. »Die vergangenen Wochen und Monate waren für die Verwaltung und den Gemeinderat intensiv und fordernd«, sagte Storz. Mit der Entscheidung der Bürger habe die Gemeinde eine eindeutige und demokratisch legitimierte Basis für die Zukunft.
4.234 Engstinger waren stimmberechtigt, 2.110 Stimmen wurden abgegeben. Die Frage lautete: »Sind Sie gegen die Verpachtung von Gemeindegrundstücken für die Errichtung von Windkraftanlagen an den Standorten Hau, Scheiterhau und Schönbergle?« Der Bürgerentscheid ist gültig und bindend: Um das Quorum – die bei Bürgerentscheiden vorgegebene Mindestanzahl abgegebener Stimmen – zu erfüllen, hätten aufgerundet 847 Stimmen für die eine oder andere Seite gereicht.
Großteil der Teilorte und Briefwähler haben der Verpachtung zugestimmt
Für den Frieden in der Gemeinde ist es wohl ebenfalls wichtig, dass in allen drei Teilorten und auch die Briefwähler sich für die Verpachtung ausgesprochen haben. Im Teilort Kohlstetten, der am nächsten an den Pachtflächen liegt, stimmten 87 Bürger mit »Ja – wir sind gegen die Verpachtung«, aber deutlich mehr, nämlich 131, mit »Nein«. In Großengstingen waren es 428 »Nein« zu 130 »Ja«-Stimmen, in Kleinengstingen wurde 317 mal »Nein« und 137 mal »Ja« angekreuzt. Dazu kommen die 879 Briefwähler – diese Art abzustimmen, liegt eindeutig im Trend. 588 mal »Nein«, 291 mal »Ja« lautete hier das Ergebnis.
Mit der Entscheidung habe die Gemeinde weiterhin die Möglichkeit, die Entwicklung bei den erneuerbaren Energien selbst zu steuern und dem Regionalverband – der das Flächenziel der Landesregierung von 1,8 Prozent für Windkraft beitreiben muss, ein Angebot zu machen. Mit den drei Anlagen und dem Einflussbereich drum herum wird Engstingen 4,2 Prozent seiner Markung für die Energiewende zur Verfügung stellen.
Im Vorfeld des Entscheids hat die Bürgerinitiative Windkraft auf die kritischen Seiten der imposanten Windräder hingewiesen. Für ihr demokratisches Engagement dankte Storz der Initiative ausdrücklich. »Ich halte es für falsch, von Siegern und Verlierern zu sprechen. Jede Seite hat aus ihrer Überzeugung heraus versucht, das Beste für die Gemeinde zu erreichen.« Risse und Gräben müssten jetzt wieder zugeschüttet werden. (GEA)