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Die Narren regieren: So liefen die Rathausstürme auf der Alb

Wollen sehen, wie der Rathauschef entmachtet wird:  Die Sonnenbühler Gemeinderäte MIchael Schäfer und Manuel Hailfinger (MdL), G
Wollen sehen, wie der Rathauschef entmachtet wird: Die Sonnenbühler Gemeinderäte MIchael Schäfer und Manuel Hailfinger (MdL), Gerd Bergweiler und Michael Donth (MdB). Foto: Cordula Fischer
Wollen sehen, wie der Rathauschef entmachtet wird: Die Sonnenbühler Gemeinderäte MIchael Schäfer und Manuel Hailfinger (MdL), Gerd Bergweiler und Michael Donth (MdB).
Foto: Cordula Fischer

ALB. Hoch ging’s her bei den Rathausstürmen auf der Alb. Kein Bürgermeister hatte die Chance, den Hästrägern zu entkommen. Der GEA hat das Treiben beobachtet.

Engstingen: Wachtmeister Storz verordnet Verwaltung gesiebte Luft

Aufseher Mario Storz hat seine Rathaushäftlinge im Griff
Aufseher Mario Storz hat seine Engstinger Rathaushäftlinge im Griff. Foto: Steffen Wurster
Aufseher Mario Storz hat seine Engstinger Rathaushäftlinge im Griff.
Foto: Steffen Wurster

Bürgermeister und Verwaltung stehen bekanntlich immer mit einem Bein im Gefängnis, alle Vorschriften kann ja keiner kennen. Engstingens Bürger- und Wachtmeister Mario Storz hat seine Rathausmannschaft deswegen lieber gleich selbst in Häftlingskluft gesteckt und gewöhnt sie an die gesiebte Rathausluft. Am Schmotzigen bekamen die Häftlinge Freigang aus der kommunalen Haftanstalt bis Aschermittwoch, der Schlüssel zum Rathaus und die Amtsratsschelle wurden an die Vertreterinnen der Narrenzunft Großengstingen übergeben.

Die Narren haben einige Ideen, was mit der neugewonnenen Macht anzufangen ist, Engstingen schwimmt ja dank Windkraft bald im Geld. Die Narren brauchen schon lange eine ordentliche Festhalle und wenn schon Feuerwehrhaus auf dem Festplatz, dann bitte auf Stelzen. Dann können das »Hurra, de Ausre« und die lieblichen Klänge der Lompakapell wettergeschützt erklingen und der Joint trocken genossen werden. Denn den Bauern geht’s schlecht und ohne sie kein Wein, kein Bier, kein Most, klagte der Wachtmeister. Dafür ist aber jetzt Cannabis legal. (wu)

Sonnenbühl: Der Bürgermeister hebt ab und zieht in die Welt

Die Rathausmitarbeiter aus Sonnenbühl kennen sich in der Welt aus und erringen damit den Sieg gegen ihren Chef. Bürgermeister Uw
Die Rathausmitarbeiter aus Sonnenbühl kennen sich in der Welt aus und erringen damit den Sieg gegen ihren Chef. Bürgermeister Uwe Morgenstern geht beim Rathaussturm am Ende in die Luft. Foto: Cordula Fischer
Die Rathausmitarbeiter aus Sonnenbühl kennen sich in der Welt aus und erringen damit den Sieg gegen ihren Chef. Bürgermeister Uwe Morgenstern geht beim Rathaussturm am Ende in die Luft.
Foto: Cordula Fischer

Der Norwegerpulli ist gut gewählt, dazu noch die hawaiianische Blütenkette und eine Schiebermütze, später ein Strohhut: Rathauschef Uwe Morgenstern hat sich mit internationalen Blumen geschmückt beziehungsweise solchen Accessoires ausstaffiert, ebenso seine Reisebegleiter aus der Verwaltung, mit denen es »rund um die Welt« geht. Anscheinend wollen sie raus aus dem Behördendschungel. Aber die Fahnenflucht hat Hürden, die die Narrengruppen aus Sonnenbühl ihnen stellen. Und dabei muss der Bürgermeister gegen sein Team antreten – wer will da Böses annehmen über die Zustände im Rathaus?

Klar ist am Ende, dass der Schultes ohne sein Team nichts ausrichten kann, denn der zieht ein ums andere Mal den Kürzeren, trotz Feldstecher sieht er keine Städte auf der Landkarte, errät kaum pantomimisch dargestellte Reisebegriffe, und mit überdimensionalen Stäbchen fischt er vom Balkon aus im Reisekoffer im Trüben. Nur sinnbildlich geht der Gemeindechef zum Schluss in die Luft – ein riesiger Luftballon steigt in die Höhe. Kein Problem, Morgenstern als bekennender Europäer ist weltgewandt genug, um seine Niederlage mit der Abgabe des Rathausschlüssels und der Machtübergabe ans närrische Volk hinzunehmen. (cofi)

Münsingen: Narren setzen Bürgermeister Mike Münzing ab

Bürgermeister Mike Münzing wurde zum Gericht geführt.
Bürgermeister Mike Münzing wurde zum Gericht geführt. Foto: Maria Bloching
Bürgermeister Mike Münzing wurde zum Gericht geführt.
Foto: Maria Bloching

Die traditionelle Schelte fiel äußerst gemäßigt aus, anscheinend gab es nicht viel über die Leistungen des Schultes zu klagen. Vielmehr erhielt er wertvolle Geschenke, wie etwa eine Hexenschürze samt Kochhaube, weil er nach eigenen Worten »auf der CMT den Kocholymp erklommen« hat. Hexenmeister Stefan Sulze beantragte, auf dem Matthias-Erzberger-Platz einen Narrenbrunnen zu errichten: »Ein Narrenbrunnen soll es sein, aus diesem fließt dann hoffentlich Wein.« Münzing parierte gleich mit etlichen Vorschlägen. Möglich wäre etwa das berühmte Männle, das in Brüssel steht, und alle beim Pieseln zum Zuschauen einlädt. In Münsingen könnte das nur ein Job für den Hexenmeister sein, vielleicht komme ja dann auch anstatt Wasser der erhoffte Wein. Den Schlüssel gab Münzing gerne mit den Worten weiter: »Sorgt dafür, dass die kommenden Tage werden für alle heiter«. (in)

Hohenstein: Bürgermeister Simon Baier bekommt den Narren-»TÜFF«

Die Choreografie saß, das Röckchen nicht so ganz: Bürgermeister Simon Baier  durfte mit der Garde tanzen.  Support kam von seine
Die Choreografie saß, das Röckchen nicht so ganz: Bürgermeister Simon Baier durfte mit der Garde tanzen. Support kam von seiner Frau Vera. Foto: Marion Schrade
Die Choreografie saß, das Röckchen nicht so ganz: Bürgermeister Simon Baier durfte mit der Garde tanzen. Support kam von seiner Frau Vera.
Foto: Marion Schrade

Gelegenheit, sich als Bürgermeister zu bewähren, hatte Simon Baier schon – aber taugt er auch zum Narren? Das wollten die drei Hohensteiner Narrenvereine genau wissen und stellten ihren Schultes beim Rathaussturm amtlich auf den Prüfstand. Vom »TÜFF«-Siegel trennten den als Prinzen verkleideten Bürgermeister – wie eigentliche alle Märchen-Prinzen – etliche Prüfungen, die es zu bestehen galt. Die härteste zuerst: der Fassanstich. Eine Disziplin, in der Baier in seinem ersten Amtsjahr nicht gerade konstante Leistungen zeigte. Bella Figura machte er vor allem beim Tanztraining mit der Eglinger Garde. Die Beine kriegte er definitiv hoch genug, die Choreografie saß – was man vom Kostüm nicht behaupten konnte. Die Gardemädels hatten sich in der Größe ziemlich vertan. Das Tutu saß arg stramm um die Bürgermeister-Hüften, ganz zu Schweigen vom Rest der Uniform, der aus genannten Gründen ungetragen blieb. Das Gutachten vom »TÜFF« fiel trotz leichter Mängel positiv aus, und seinen ersten Fasnetseinsatz hat Baier auch schon: Beim Eglinger Umzug am Sonntag wird er als Täfelesbua für die Oberstetter laufen. (ma)

Trochtelfingen: Den neuen Job ist die Stadtchefin Katja Fischer schon wieder los

Das Trochtelfinger Prinzenpaar hat Bürgermeisterin Katja Fischer (Mitte) den Rathausschlüssel und für die nächsten närrischen Tage die Macht im Städtle abgenommen. Foto: Cordula Fischer
Das Trochtelfinger Prinzenpaar hat Bürgermeisterin Katja Fischer (Mitte) den Rathausschlüssel und für die nächsten närrischen Tage die Macht im Städtle abgenommen.
Foto: Cordula Fischer

Noch nicht einmal ganz ein Jahr im Amt und schon abgesetzt: Bürgermeisterin Katja Fischer hat die erste Narrenfolter über sich ergehen lassen müssen. Mit Besen, Rasenmäher & Co. vom Universalgeräteträger musste sie CO2-neutral und billig vor der eigenen Türe kehren. Die Folter hätte es eigentlich nicht gebraucht, um den Schlüssel rauszurücken: »Mir hätte schon ein Sekt genügt, dann hättet ihr ihn auch so bekommen«, sagt Fischer, und die Narren erfüllen »ihrer« Katja natürlich jeden Wunsch. Piccolöchen kommt. Mit großem Aufgebot hat der Narrenverein Schrei Au ab 17.01 Uhr die Macht im Städtle übernommen, den Narrenbaum gestellt und den nicht zu gendernden – der die das Schultes – arbeitslos gemacht. Prinz Ferdinand der Erste, Atos vom Hennenstein, Con Tenor mit Stihl und Prinzessin Melissa die Erste, Bäronesa Gitana, Gräfin von Weinschnait, schwingen nun in Trochtelfingen das närrische Zepter. Hinterher wurde es  versöhnlich, als Garden, Hästräger und  Musikgruppen die kurzzeitig Entmachtete vom Rathausplatz Richtung Bräuhaus eskortierten und gemeinsam feierten. (cofi)

St. Johann: Aufgeblasenen Backen und flinke Beine

Mit zwei Tischtennisbällen im Mund fällt Bürgermeister Florian Bauer das Singen nicht leicht.
Mit zwei Tischtennisbällen im Mund fällt Bürgermeister Florian Bauer das Singen nicht leicht. Foto: Gabriele Bimek
Mit zwei Tischtennisbällen im Mund fällt Bürgermeister Florian Bauer das Singen nicht leicht.
Foto: Gabriele Bimek

Buchstäblich nach Worten rang Bürgermeister Florian Bauer ob seiner Aufgaben, die er für Gischblweiber und Kirchberger Hexadeifel zu erledigen hatte. Die beiden St. Johanner Narrenzünfte holten am Schmotziga Doschdig die gesamte Rathausbesatzung auf den Vorplatz und lehrten sie das Fürchten. Kein Lachen zeigte Bauer auf seinem Gesicht, als er mit zwei Tischtennisbällen im Mund Lieder zu singen hatte. Wär so ja nicht tragisch, aber die mussten erraten werden, was sich als nicht ganz einfach für die zwei Rate-Teams erwies. Beim Schubkarrenrennen war der Rathauschef nicht zu bremsen und schoss mit Schwung über die vorgegebene Wendestation hinaus. Das Rennen musste wiederholt werden, zum Glück für ihn, denn er ging samt seiner damenhafte Ladung als Sieger aus dem Wettbewerb hervor. Gewinner auch, wenn die Aufforderung auf seinem umgehängten Plakat ernst genommen wird. »Koi Geld fr a Schul, au ed fr Kanal und Gässle! Wer wirft für St. Johann a paar Euro's ens Kässle?« (mek)