LICHTENSTEIN. »Für Muslime ist es nicht nur ausgeschlossen, einen Gestorbenen zu verbrennen, sondern verboten«, sagt Antje Heubach. Genau das droht aber Ebrima Dibba: Der 39-jährige Asylbewerber, der seit mehr als zwei Jahren in Lichtenstein lebte, verstarb in der Nacht vom 8. auf den 9. Januar. Er brach einfach so auf der Straße zusammen, »ohne dass er vorher Anzeichen einer lebensbedrohlichen Krankheit hatte«, berichtet Heubach als Integrationsmanagerin des Landratsamtes in Lichtenstein.
Im Reutlinger Kreiskrankenhaus ist Dibba schließlich verstorben. Er hinterlässt in seinem Heimatland Gambia eine Frau und drei Kinder, die Todesnachricht hat die Familie zutiefst erschüttert. Seine Freunde aus Lichtenstein haben sofort Kontakt mit der Frau aufgenommen", sagt Heubach. "Eine Überführung des Leichnams würde bedeuten, dass sich die Familie von dem Ehemann und Vater verabschieden könnte." Unvorstellbar, was Dibba während seiner Flucht – durch die Wüste, in Libyen, über das Mittelmeer und auch in Europa, bis er in Deutschland war – erlebt hat. "Für ganz viele Flüchtlinge sind das traumatische Erlebnisse", so Heubach, die in direktem Kontakt zu den Geflüchteten in Lichtenstein steht. Und sie kannte auch Dibba persönlich. "Er war sehr fürsorglich, sehr familienbezogen, Frau und Kinder nicht bei sich zu haben, brachte für ihn eine große Zerrissenheit mit sich."
DATEN ZU GAMBIA
Gambia ist das kleinste Land auf dem afrikanischen Festland, mit gerade mal rund zwei Millionen Einwohnern. Der Alphabetisierungsgrad liegt bei weit unter 60 Prozent, die durchschnittliche Lebenserwartung bei wenig über 60 Jahren. Die wirtschaftliche Lage in der ehemaligen Kolonie im Nordwesten Afrikas ist katastrophal, es gibt keine Bodenschätze, Einkünfte erzielt der Staat nur aus Landwirtschaft, Tourismus und Fischerei. Gambia gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. (GEA)
Dennoch unterstützte der 39-Jährige andere Flüchtlinge in Lichtenstein, setzte sich für sie ein, ging mit ihnen zu Behörden, half als Dolmetscher aus. »Er war trotz seiner schwierigen Situation hier immer freundlich und auch fröhlich, sorgte für gute Stimmung und hatte es geschafft, hier Fuß zu fassen«, berichtet Antje Heubach. Und Dibba hatte auch verschiedene Arbeitsstellen, in der Gastronomie, bei der Gemeinde oder auch bei einer Zeitarbeitsfirma. »Ebrima Dibba hinterlässt eine ganz große Lücke in der afrikanischen Community hier«, so die Integrationsmanagerin.
Der Arbeitskreis Asyl und die Kirchengemeinde in Unterhausen haben mit Heubach einen Spendenaufruf gestartet, der bereits im Amtsblatt der Gemeinde erschienen ist. »Es wäre schön, wenn Ebrima Dibba in sein Heimatland überführt würde, damit er dort beerdigt werden könnte«, sagt Antje Heubach. Dafür werden allerdings zwischen 6 000 und 7 000 Euro benötigt. »So eine Überführung ist teuer.« Ein Bestattungsunternehmen, das sich damit auskennt und bereits Verstorbene nach Gambia überführt hat, wurde schnell gefunden. In Degerloch konnte am vergangenen Sonntag in dem Bestattungsinstitut eine kleine muslimische Trauerfeier für die Bekannten und Freunde von Dibba ausgerichtet werden.
Eine Überführung des Leichnams kann allerdings nicht wochenlang warten, sagt Heubach. Im Regelfall werden Geflüchtete, die hier versterben, verbrannt und die Urne anonym begraben, wie von Landratsamtsseite zu hören war. »Gerade in Hinblick auf die Familie, aber auch im Blick auf andere Asylbewerber, wäre es ein starkes Zeichen des Mitgefühls, wenn eine Bestattung in der Heimat möglich wäre«, war im Spendenaufruf Amtsblatt der Gemeinde in Bezug auf Dibba zu lesen. (GEA)
SPENDENKONTO
Wer für die Überführung spenden möchte, kann das über die evangelische Gesamtkirchengemeinde Unterhausen-Honau tun, Stichwort Ebrima Dibba (IBAN: DE17 6405 0000 0100 0982 66, BIC: SOLADEST1REU, KSK Reutlingen). (GEA)