PFULLINGEN. Diese Woche begann für die Schüler wieder der Ernst des Lebens: Die Sommerferien waren vorbei, der Unterricht ging los. Doch für manche von ihnen, die in den zurückliegenden Wochen und Monaten aus der Ukraine nach Deutschland fliehen mussten, war es der allererste Tag in einer deutschen Schule. Damit sie nicht ganz ohne Vorbereitung in den deutschen Schulalltag starten mussten, hat die Pfullinger Volkshochschule bereits in den Sommerferien gesorgt.
Gemeinsam mit dem Integrationsmanagement der Stadt hat die VHS drei Vorbereitungskurse für ukrainische Kinder und Jugendliche organisiert, die durch die Gelder der Pfullingerinnen und Pfullinger an das Spendenkonto des DRK finanziert wurden, teilt die Stadtverwaltung mit. Süleyman Akarsu vom städtischen Integrationsteam hatte die Idee dazu. Rund 4.000 Euro wurden so in die vierwöchige Vorbereitung für die Einschulung investiert. Im Zentrum stand in erster Linie die deutsche Sprache, aber auch die Schulklassenatmosphäre sowie spielerisches Lernen mit Sport und Malen.
Drei Mal pro Woche immer vormittags fand der Unterricht statt – sowohl in den Räumen des Gymnasiums und der VHS als auch draußen, wenn ein bisschen Bewegung oder künstlerische Aktionen angesagt waren. Alexander Tomisch, der das Ganze im Namen der VHS organisierte, zeigte sich äußerst glücklich mit den beiden Dozentinnen und dem Dozenten, die er für diesen besonderen »Ferien-Unterricht« gewinnen konnte.
Lehrerin Eva Geilmann übernahm den Kurs mit den Erst- bis Viertklässlern, insgesamt 13 ukrainische Jungs und Mädchen. Das Alphabet zu lernen war das Hauptziel, wobei auch schon einzelne Wortgruppen wie Farben oder Tiernamen dazu kamen. Zur Hilfe hatte die Dozentin eine Übersetzungs-App parat, die brauchte sie aber kaum. »Wir verstehen uns«, so Geilmann – und zwar »auf Deutsch«, auch wenn manches sicherlich mehrfach gesagt werden musste. Beeindruckt war sie dennoch: »Ich hätte nicht gedacht, dass das mit der Verständigung so gut klappt.« Und: »Die Kinder sind offen und aufgeweckt.«
Lehrbuch schnell durchgearbeitet
Beate Maier unterrichtete die 10- bis 13-Jährigen. Die pensionierte Lehrerin kam bei ihren 15 ukrainischen Schülerinnen und Schülern teilweise auch mit Englisch ans Ziel. Mit Blick aufs Deutschlernen ging es ebenfalls noch um Alphabetisierung, aber auch schon ein ganzes Stück mehr um den Wortschatz, die Zahlen und das Sprechen. Manche beherrschten die lateinische Schrift bereits, so war das erste Lehrbuch schneller durchgearbeitet als gedacht und das zweite kam zum Einsatz. Maier kennt den Unterricht mit sprachfremden Kindern, da sie seit ihrer Pensionierung an der Wilhelm-Hauff-Realschule bei den sogenannten Internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) unterstützt.
Die Jugendlichen unterrichtete Kai-Uwe Brings, der bereits für erwachsene Geflüchtete einen Sprachkurs angeboten hatte – manche davon waren die Eltern seiner neuen insgesamt neun Schützlinge. Die waren zwischen 14 und 16 Jahren alt und beherrschten allesamt die lateinische Schrift. Dennoch gab es große Unterschiede: Manche sind bereits seit März in Deutschland und hatten, beispielsweise über ihre Eltern, schon vieles gelernt – andere sind erst vor wenigen Wochen geflohen. »In manchen Momenten brodelt es dann«, berichtete Brings. Das liege aber auch am Teenager-Alter und nicht nur an den Lernunterschieden.
Allgemein herrschte in allen drei Klassen eine fröhliche und lernbegierige Stimmung. Neben dem Unterricht waren sie auch eine wichtige Quelle für Routine, etwas Ablenkung und eine Gelegenheit, Freunde zu treffen – für die Kinder wie auch für die Eltern. Die drei Dozentinnen und Dozenten attestierten den Kindern einhellig eine gute Entwicklung. Die Starthilfe für die Einschulung anfang der Woche dürfte gelungen sein. (GEA)