PFULLINGEN. An ihm kommt keiner vorbei. Bevor die Ziegenböcke auf die Anlage des Reitvereins gelangen, macht Dr. Peter Scharf, Tierarzt des Veterinäramts Reutlingen, den Gesundheitscheck. In dieser Woche fand in Pfullingen wieder der jährliche Ziegenbockmarkt des Ziegenzuchtverbands Baden-Württemberg statt. Neben Lydia Graw aus Pliezhausen und Alexander Schöll aus Münsingen stellten noch sieben weitere Züchter aus ganz Baden-Württemberg ihre insgesamt 21 Tiere vor.
Am Anfang steht die tierärztliche Begutachtung. »Die Züchter müssen eine Bescheinigung mitbringen, dass die Böcke aus einwandfreien Betrieben stammen«, erklärt Scharf. Doch zur Sicherheit kontrolliert er vor Ort noch einmal auf verdickte Lymphknoten, die auf Pseudotuberkulose hinweisen könnten, sowie Kiefer und Zähne. Auch Deck- und Befruchtungsfähigkeit werden überprüft. Alle Tiere bestehen die Auftriebsuntersuchung.
»Je mehr Raum der Pansen hat, um so besser ist die Milchleistung der Nachkommen«
Gleich nebenan steht Julika Schaupp, Referentin für Tierzucht des Regierungspräsidiums Tübingen. »Wir überwachen diese Leistungsprüfung, denn wir setzen uns für Zuchtfortschritt ein. Dazu gehören auch Fitness, Robustheit und Gesundheit der Tiere.« Fleisch, Milch und Milchprodukte von Ziegen seien ein wertvolles regionales Produkt.
Insgesamt bewertet Bernhard Glöckler, staatlicher Zuchtleiter für Schaf und Ziege Baden-Württemberg und Vorsitzende der Fachkommission, die Tiere als sehr gut. Unter den Augen der Körexperten Dr. Ulrich Jaudas (Lenningen), Dr. Pera Herold (Großerlach), Dr. Scharf sowie Johannes Maibom, Vorsitzender des Landesverbands Bayerischer Ziegenzüchter, führen die Besitzer ihre Böcke in den Ring.
»Rickon« von Andreas Vogt aus Wangen ist mit seinen 82 Kilogramm ein wahres Schwergewicht und steht seelenruhig da. Die Richter schauen sich die Körperproportionen an, den sogenannten Rahmen. »Er muss harmonisch sein«, erklärt der frühere Zuchtleiter Hansjörg Wenzler. »Denn je mehr Raum der Pansen zur Futteraufnahme hat, umso besser ist auch die Milchleistung der Nachkommen.« Auch die Beine werden beurteilt. »Das Tier muss gut laufen können, um gut fressen zu können.« Auch die Erbanlagen seien wichtig. In den sogenannten Zuchtwert fließt auch die Qualität der übrigen Tiere des Züchters mit ein.
Der Ring aus Bierbänken, die vielen Menschen und die anderen Ziegen sind »Tom« und »Titan« von Josef Baumann (Ellwangen) nicht geheuer. Fast verzweifelt meckern sie sich zu – Solidarität macht stark. Manche Besitzer haben alle Mühe, die bockigen Tiere an der Leine zu halten. Glücklicherweise werden Verhalten und Meckerfrequenz nicht bewertet.
In der Reithalle gibt Bernd Haug, Geschäftsführer des Ziegenzuchtverbands Baden-Württemberg, Rat und verteilt Infomaterial. Er hält seit 40 Jahren etwa sechs bis acht Milchziegen, seine Frau melkt von Hand das »weiße Gold«.
»Früher wurden Ziegen manchmal stiefmütterlich behandelt«
Haug freut sich, dass Ziegenprodukte immer mehr geschätzt werden und auch die Tiere heutzutage in großen, gut belüfteten Ställen und mit Weidegang gehalten werden. »Früher wurden Ziegen manchmal stiefmütterlich behandelt. Das ist zum Glück vorbei.« Auch Ziegen fühlten sich wohler und gäben besseres Fleisch, wenn sie frische Luft, Tageslicht und Sonne genießen dürften. »Nur Regen mögen sie so überhaupt nicht.«
Nach der Körung folgte die Versteigerung aller vorgestellten Tiere. Laut Wenzler liegen die Preise durchschnittlich bei 300 bis 1 500 Euro. Im Angebot waren die Weiße und die Bunte Deutsche Edelziege, beides Milchziegen, sowie die Walliser Schwarzhalsziege und die Burenziege als Fleischlieferanten. (GEA)
ZIEGENKÖRUNG
Gesamtsieger und Sieger bei der Bunten Deutschen Edelziege wurde »Gomez« (Züchter/Besitzer Andreas Gutbrod, Tübingen)
2. Platz und Sieger bei der Weißen Deutschen Edelziege: »Horst« (Züchter/Besitzer Martin Buenger, Weinheim)
3. Platz und Sieger bei den Burenziegen: »Bodo« (Züchter Johannes Maibom, Emskirchen; Besitzerin: Lydia Graw, Pliezhausen)